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Ausschlussfristen im Arbeitsvertrag

Welche Ansprüche unterliegen den arbeitsvertraglichen Ausschlussfristen?

 

1. Was ist überhaupt eine Ausschlussfrist

Ausschlussfristen finden sich in fast allen Arbeitsverträgen. Doch was genau sind Ausschlussfristen? Wann sind Ausschlussfristen gewahrt und wann ist die Klausel eventuell sogar unwirksam? Welche Fehler im Zusammenhang mit Ausschlussfristen sollte der Arbeitnehmer vermeiden, um noch Ansprüche fristwahrend geltend zu machen?

Aus eigener Erfahrung erleben unsere Fachanwälte im Arbeitsrecht Christian Klages und Stephan Glaser LL.M. immer wieder, wie all diese Fragen sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber häufig vor unlösbare Probleme stellen.

In Deutschland besteht nämlich die Möglichkeit, Ansprüche und Rechte nach Ablauf einer gewissen Frist unter Umständen nicht mehr gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen zu können, mit der Folge, dass die Ansprüche – sogar teilweise komplett – verfallen können.

Dabei ist zunächst zwischen einer möglichen gesetzlichen Verjährungsfrist und der vertraglich vereinbarten Ausschlussfrist zu unterscheiden. Es sich handelt sich um zwei vollständig unterschiedliche Fristen.

 

2. Was unterscheidet eine Ausschlussfrist von einer Verjährungsfrist?

Bei einer Verjährungsfrist – die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt nach § 195 BGB drei Jahre – besteht zwar weiterhin ein Anspruch, dieser kann jedoch nicht mehr gerichtlich durchgesetzt werden, sofern der Schuldner von seinem sogenannten Leistungsverweigerungsrecht Gebrauch macht und in dem Verfahren die Einrede der Verjährung erhebt.

Hauptunterschied zur Ausschlussfrist ist, dass bei der Verjährungsfrist die Einrede der Verjährung ausdrücklich erklärt werden muss und eine automatische Berücksichtigung des Gerichts eben nicht erfolgt.

Im Vergleich hierzu braucht sich die beklagte Partei, wenn es im Prozess auf eine Ausschlussfrist ankommt, hierauf nicht ausdrücklich berufen, da die Geltung dieser Ausschlussfristen vom zuständigen Arbeitsgericht „von Amts wegen“ zu beachten ist.

Ein weiterer Unterschied ist, dass die Ausschlussfristen im Vergleich zu den Verjährungsvorschriften vertraglich zu regeln sind, da eine Verankerung in den Gesetzen grundsätzlich nicht besteht.

Es gibt aber  auch zwei Ausnahmefälle, welche von einer „gesetzlichen Ausschlussfrist“ sprechen: So hat man zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage gemäß § 4 Kündigungsschutzgesetz drei Wochen Zeit, Klage am zuständigen Arbeitsgericht einzureichen.

Auch Schadensersatzansprüche wegen eines Verstoßes gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) müssen gemäß § 15 Abs. 4 AGG innerhalb von zwei Monaten beim zuständigen Arbeitsgericht geltend gemacht werden.

 

3. Wo finden Ausschlussfristen hauptsächlich Berücksichtigung?

Ausschlussfristen werden insbesondere im Arbeitsrecht bei der Geltendmachung von Lohnansprüchen, der Urlaubsabgeltung, der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall, der Erhebung einer Kündigungsschutzklage, oder bei der Erteilung von schriftlichen Zeugnissen im Arbeitsvertrag verwandt.

Nach Ablauf der jeweiligen Frist – häufig kürzer als die gesetzliche Verjährungsfrist gemäß § 195 BGB – verfällt der Anspruch auf vorangestellte Zahlungs- oder Klagemöglichkeiten.

Aufgrund von Ausschlussfristen können daher Ansprüche aller Art, welche der Arbeitnehmer aufgrund vorangestellter Ansprüche haben könnte, ersatzlos verloren gehen.

Jedoch Vorsicht:

Derartige Ausschlussfristen können auch zu Lasten des Arbeitgebers gehen. Dies ist der Fall, wenn der Arbeitgeber einen berechtigten Anspruch gegen seinen Arbeitnehmer auf Schadensersatz hat und dieser Anspruch möglicherweise infolge einer vertraglichen Ausschlussfrist nicht mehr geltend gemacht werden kann.

Die häufigsten Ausschlussfristen finden sich jedoch in Arbeitsverträgen oder in Tarifverträgen. Gelegentlichen werden auch Ausschlussklauseln in Betriebsvereinbarungen geregelt. Auch in Sozialplänen werden manchmal derartige Ausschlussklauseln aufgeführt.

Dementsprechend ist größte Vorsicht bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einem Arbeitsverhältnis geboten, sofern in den vorangestellten Verträgen eventuelle Klauseln aufgeführt sind.

Häufig werden in den vorangestellten Vereinbarungen und Verträgen auch Ausschlussfristen als Verfallsklauseln, Verwirkungsfristen oder Präklusionsfristen bezeichnet.

 

4. Muss man Ausschlussklauseln auch gegen sich gelten lassen, sofern man keine Kenntnis von ihnen hatte?

Wie bereits aufgeführt, gilt größte Vorsicht bei Ausschlussfristen, unabhängig davon, ob sie im Tarifvertrag, Arbeitsvertrag, Sozialplänen oder anderweitigen Vereinbarungen geregelt sind, denn Ausschlussklauseln gelten auch dann, wenn der Arbeitnehmer keine Kenntnis von ihnen hatte.

Dabei wird von uns in der Praxis immer wieder folgender Problemfall wahrgenommen:

Im Arbeitsvertrag wird auf die Anwendung eines bestimmten Tarifvertrages oder auf eine Betriebsvereinbarung Bezug genommen, ohne dass der Arbeitsvertrag ausdrücklich Ausschlussfristen aufführt. Sofern dies der Fall ist, muss der Arbeitnehmer die in dem erwähnten Tarifvertrag oder den Betriebsvereinbarungen geltenden Ausschlussfristen grundsätzlich gegen sich gelten lassen.

Dies führt in der Praxis leider häufig zu dem Ergebnis, dass der Arbeitnehmer seine eventuellen finanziellen Ansprüche nicht gerichtlich verfolgen kann, da Ausschlussfristen gegen ihn wirken. Aufgrund dieser Problemfälle haben jedoch die Arbeitsgerichte reagiert und in der Rechtsprechung nunmehr dem Arbeitgeber die Pflicht auferlegt, einen Arbeitsnachweis zu erteilen, um den Arbeitnehmer zu schützen. Verstößt nämlich der Arbeitnehmer gegen seine gesetzliche Pflicht zur Erteilung eines Arbeitsnachweises, der auch einen Verweis auf entsprechende Tarifverträge enthalten muss – sofern einer anwendbar ist – so kann er sich nur in diesem Falle auch auf in dem Tarifvertrag enthaltenen Ausschlussklauseln berufen.

 

5. Was wird in Ausschlussklauseln geregelt?

Bei Ausschlussklauseln unterscheidet man grundsätzlich zwischen sogenannten einstufigen und zweistufigen Ausschlussfristen.

Die einstufige Ausschlussfrist:

    • Die einstufige Ausschlussfrist besagt, dass ein Anspruch innerhalb einer bestimmten Frist gegenüber der anderen Partei – also dem Arbeitgeber oder dem Arbeitnehmer – in der Regel schriftlich angezeigt werden muss, um den Anspruch sodann gerichtlich noch wirksam verfolgen zu können. Eine Klage ist dagegen nicht innerhalb dieser Frist stets erforderlich, ausschließlich die Geltendmachung. Nach Ablauf dieser Frist verfallen die Ansprüche bzw. sind verwirkt.

Die zweistufige Ausschlussfrist:

    • Bei einer zweistufigen Ausschlussfrist wird verlangt, dass im Vergleich zur einstufigen Ausschlussfrist nach der Geltendmachung der Forderung innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist Klage am zuständigen Arbeitsgericht aufgrund der Forderung erhoben werden muss. Dies jedoch selbstverständlich nur, wenn die Forderung durch die gegnerische Partei nicht erfüllt wird. Hier ein Beispiel: Alle Lohnansprüche aus dem Arbeitsverhältnis müssen innerhalb von 5 Monaten angezeigt werden, bevor sie verfallen. Außerdem sollen die Lohnansprüche innerhalb von zwei Monaten nach einer etwaigen Ablehnung gerichtlich eingeklagt werden, ansonsten verfallen diese.

Häufig zieht jedoch gerade die zweistufige Ausschlussfrist weitere Probleme nach sich:

Gerade bei der Einreichung der Kündigungsschutzklage, mit welcher der Arbeitnehmer gegen eine eventuell unwirksame Kündigung vorgehen will, möchte er zeitgleich auch die Rechtmäßigkeit zukünftiger Löhne bei Unwirksamkeit der Kündigung gewahrt wissen.

Allerdings müssten grundsätzlich sodann im Zuge einer Klageerweiterung Zahlungen von Löhnen monatlich neu beantragt werden. Diese zusätzliche Klageerweiterung birgt prozessuale Risiken und insbesondere häufig für den Arbeitnehmer Kostenrisiken, da sich der Streitwert (nach welchem das Verfahren schlussendlich abgerechnet wird) durch die entsprechenden Klageerweiterungen erhöht.

Daher hat jedoch bereits das Bundesverfassungsgericht zu Gunsten der Arbeitnehmer entschieden, dass es verfassungswidrig ist, den Arbeitnehmer durch eine zweistufige Ausschlussfrist zu solchen Klageerweiterungen zu zwingen, bevor rechtskräftig feststeht, ob die Kündigung rechtmässig war oder nicht.

Denn teilweise ziehen sich die Kündigungsschutzverfahren deutlich länger, als die zweistufige Ausschlussfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von Ansprüchen vorsieht. Dementsprechend argumentiert das Bundesverfassungsgericht, dass der Arbeitnehmer erst nach Entscheidung über die Wirksamkeit bzw. Unwirksamkeit der Kündigung Bescheid wisse, ob noch Lohnansprüche bestehen oder nicht.

Aufgrund dieses Beschlusses hat auch das Bundesarbeitsgericht im Jahre 2012 durch Urteil festgestellt, dass der Arbeitnehmer durch Erhebung einer Kündigungsschutzklage nicht nur die erste Stufe einer Ausschlussfrist einhält, sondern auch die zweite Stufe.

Eventuelle von der Kündigungsschutzklage abhängige Lohnansprüche verfallen daher nicht, sofern der Arbeitnehmer im Laufe des Prozesses seine Klage nicht immer erweitert und die laufenden fällig werden Lohnansprüche klageweise geltend macht.

 

6. Häufige Probleme und Unwirksamkeitsgründe einer Ausschlussfrist:

Auch Ausschlussfristen unterfallen gewissen Grundsätzen. So hat das Bundesarbeitsgericht in diversen Grundsatzentscheidungen bestimmte Wirksamkeitsvoraussetzungen für Ausschlussfristen geregelt.

Die wichtigsten Grundsätze lauten wie folgt:

  • Sofern eine Ausschlussfrist die schriftliche Geltendmachung von Ansprüchen innerhalb einer Frist von weniger als drei Monaten festsetzt, ist diese unwirksam. Sollte eine derartige Frist in Ihrem Arbeitsvertrag vorgesehen sein, so ist diese ersatzlos zu streichen und es gelten die gesetzlichen Verjährungsvorschriften.
  • Eine Klausel im Zuge der zweistufigen Ausschlussfrist ist ebenfalls unwirksam und es gelten die gesetzlichen Verjährungsfristen, wenn hierbei eine Mindestfrist zur gerichtlichen Geltendmachung von weniger als drei Monaten vorgesehen ist.
  • Sofern die Ausschlussfrist als Beginn auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses abstellt und nicht die Fälligkeit der Ansprüche berücksichtigt, ist diese ebenfalls unwirksam. Diese Klausel findet insbesondere in den Fällen Anwendung, bei denen der Arbeitnehmer seine abschließende Lohnabrechnung erst Wochen nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erhält und sodann erst Kenntnis von eventuellen Unstimmigkeiten und Ungenauigkeiten bei der Abrechnung erlangt.

 

Hilfestellung bei arbeitsrechtlichen Fragen:

Da es sich bei Ausschlussfristen in Arbeits- oder Tarifverträgen um äußerst komplexe Problemstellungen handelt, ist von einer Prüfung ohne anwaltliche Hilfestellung abzuraten, dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass es sich häufig um offene Lohnzahlungen, Entgeltfortzahlungen oder Urlaubsabgeltung zu Gunsten des Arbeitnehmers handelt, auf welche ungerne aufgrund einer verpassten Frist verzichtet werden sollte.

Dementsprechend stehen wir Ihnen mit unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht für sämtliche Fragestellungen rund um Ihre Ausschlussfristen zur Verfügung. Nutzen Sie hierfür einfach unser Kontaktformular. Wir helfen Ihnen gerne weiter.

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