Arbeitsrecht

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Grundsätze und Voraussetzungen der Kündigung eines Auszubildenden

Die Kündigung eines Azubis während der Ausbildung

Grundsätzlich genießt der Auszubildende im Vergleich zum „normalen“ Arbeitnehmer besonderen Schutz. Nur unter bestimmten Voraussetzungen ist eine Kündigung des Auszubildenden möglich.

1. Die Kündigungserklärung

Zunächst hat die Kündigung während des Ausbildungsverhältnisses schriftlich gemäß § 22 Abs. 3 Berufsbildungsgesetz (BBiG) zu erfolgen.

Eine nach Ablauf der Probezeit ausgesprochene Kündigung hat zudem unter der Angabe der entsprechenden Kündigungsgründe zu erfolgen. Dies gilt sowohl für den Auszubildenden als auch für den Ausbildungsbetrieb. Denn dem Kündigungsempfänger sind die wesentlichen Tatsachen anzugeben, die erforderlich sind, damit sich dieser ein entsprechendes Bild davon machen kann, warum das Ausbildungsverhältnis beendet wird.

Dabei hat bereits das Bundesarbeitsgericht klar geurteilt, dass eine pauschale Bezugnahme auf vorherige mündliche Erläuterungen oder auf Vorfälle in der Vergangenheit nicht ausreichend sind (BAG vom 22.02.1972, Betriebsberater 72 S. 1191). Dies hat zur Folge, dass eine ohne hinreichende Angabe der Gründe ausgesprochene Kündigung nicht wirksam ist.

Dabei gilt es auch zu berücksichtigen, dass andere Gründe, die nicht im Kündigungsschreiben aufgeführt sind, nicht zur Rechtfertigung der Kündigung nachgeschoben werden können.

Nur Gründe, welche nach Ausspruch der Kündigung bekannt werden, können noch nachgereicht werden, jedoch nur, sofern sie dem Gekündigten unverzüglich ebenfalls wieder schriftlich mitgeteilt werden.

Ferner ist auch zu beachten, dass der minderjährige Auszubildende selbst weder kündigen noch ihm gegenüber gekündigt werden kann, da die Kündigung vielmehr durch den gesetzlichen Vertreter bzw. gegenüber diesem zu erklären ist, um überhaupt den Grundvoraussetzungen einer wirksamen Kündigung zu genügen.

2. Die Kündigung während der Probezeit

Wie auch in den „normalen“ Arbeitsverhältnissen kann das Berufsausbildungsverhältnis von beiden Vertragsparteien jederzeit auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist und ohne Angabe von Kündigungsgründen gekündigt werden.

Einziger Unterschied ist hier jedoch, dass es im Berufsausbildungsverhältnis nicht einer zweiwöchigen Kündigungsfrist bedarf.

3. Die sog. „Berufsaufgabekündigung“

Sofern der Auszubildende beschließt, die Berufsausbildung aufzugeben oder sich für eine andere Berufstätigkeit ausbilden zu lassen, so steht ihm gemäß § 22 Abs. 2 BBiG die Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von 4 Wochen zu. Dies vor dem Hintergrund, dass der Auszubildende nicht gezwungen werden soll, seinen Vertrag einzuhalten, obwohl er das Interesse am Ausbildungsberuf verloren hat.

Wir denken, dass es sich erübrigt, mitteilen zu müssen, dass natürlich der Wille des Auszubildenden ernsthaft vorhanden sein muss und nicht vorgetäuscht sein darf. Denn sollte der Auszubildende bei einer Kündigung zur Fortsetzung derselben Ausbildung in einem Konkurrenzunternehmen tätig werden, so macht er sich schadensersatzpflichtig.

4. Die Kündigung aus wichtigem Grund

Nach Ablauf der Probezeit kann das Berufsausbildungsverhältnis nur noch aus wichtigem Grund fristlos gekündigt werden.

Einzige Ausnahme zu der fristlosen Kündigung ist die oben genannte Berufsaufgabekündigung und der Sonderfall in der Insolvenz gemäß § 113 Abs. 1 Insolvenzordnung.

Bezüglich der fristlosen Kündigung ist unter Berücksichtigung des § 626 BGB das Vorliegen eines wichtigen Grundes zwingende Voraussetzung.

Denn nur sofern Tatsachen vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung des Vertragsverhältnisses bis zum Ablauf der Ausbildungszeit nicht zugemutet werden kann, liegt ein derartiger wichtiger Grund vor.

Bei der Abwägung der beidseitigen Interessen ist die besondere Situation des Ausbildungsverhältnisses entsprechend zu würdigen. Daher werden regelmäßig einmalige Verfehlungen nicht für den Ausspruch einer fristlosen Kündigung genügen, vielmehr muss es zu wiederholten Pflichtverletzungen kommen, um eine Fortsetzung des Ausbildungsverhältnisses unzumutbar für den Arbeitgeber bzw. das Ausbildungsunternehmen erscheinen zu lassen.

Als Beispiele für eine verhaltens– oder personenbedingte fristlose Kündigung sollen folgende Gründe zur Veranschaulichung genannt werden:

  • Vermögensdelikte gegen das Ausbildungsunternehmen (Diebstahl, Untreue, Betrug etc.)
  • wiederholte Verbreitung neonazistischer Thesen und massive rassistische Äußerungen und Handlungen
  • Weigerung, ordnungsgemäßes Berichtsheft zu führen
  • Nichterfüllung der Lernpflichten im Sinne des Berufsbildungsgesetzes.

Dabei muss noch einmal klargestellt werden, dass kleinere Verfehlungen wie

  • häufiges Zuspätkommen,
  • unentschuldigtes Fernbleiben,
  • Nichteinhaltung der Zeitkontrolle oder sogar die kurze Überschreitung des Urlaubes

ohne Abmahnung nicht zur fristlosen Kündigung reicht.

Dies hat unter anderem das Landesarbeitsgericht Hamm schon in diversen Urteilen bestätigt.

Aus betriebsbedingten Gründen kommt eine außerordentliche (fristlose) Kündigung ausnahmsweise nur dann in Betracht, wenn eine Betriebsschließung die weitere Ausbildung unmöglich macht.

Sofern es im Zuge eines Betriebsüberganges im Sinne des § 613a BGB kommt, das heißt, dass das Ausbildungsunternehmen von einem neuen Inhaber weitergeführt werden muss, geht das Ausbildungsverhältnis auf das neue Unternehmen über und rechtfertigt keine Kündigung.

5. Die Kündigungsmöglichkeit für den Auszubildenden

Grundsätzlich besteht auch die fristlose Kündigungsmöglichkeit für den Auszubildenden. Dies ist insbesondere der Fall bei Verstößen gegen das Jugendarbeitsschutzgesetz oder grobe Mängel der Ausbildungstätigkeit und Vernachlässigung der Lehrinhalte der Ausbildung durch das Ausbildungsunternehmen.

Die fristlose Kündigung ist unwirksam, wenn dem Kündigenden die Kündigungsgründe länger als zwei Wochen bekannt sind. Dabei gilt als entsprechender Zeitpunkt für den Beginn der Frist die Erlangung der Kenntnis von den für die Kündigung rechtfertigenden Tatsachen.

6. Die Schadensersatzpflicht wegen ungerechtfertigter Kündigung

Grundsätzlich können sich sowohl Ausbilder als auch Auszubildende schadensersatzpflichtig machen, wenn der Andere den Grund für die Auflösung zu vertreten hat. Dies jedoch nur, sofern die Kündigung nach Beendigung der Probezeit des Ausbildungsverhältnisses erfolgt.

Häufiger Streitpunkt ist immer wieder die Berechnung des Schadens. Dieser berechnet sich grundsätzlich nach den Gesetzen des BGB in Form der §§ 249 ff.

Bei einer Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Auszubildenden wegen grob mangelhafter Ausbildung liegt der Schaden in der Differenz zwischen der gezahlten Ausbildungsvergütung und dem Hilfsarbeiterlohn, der bezahlt worden wäre, wenn der Auszubildende nicht das Ausbildungsverhältnis eingegangen wäre.

Das Ausbildungsunternehmen kann bei vertragswidriger Beendigung des Ausbildungsverhältnisses durch den Auszubildenden nicht die Aufwendungen für die ersatzweise Beschäftigung eines ausgebildeten Arbeitnehmers verlangen, da das Ausbildungsverhältnis nicht mit einem „normalen Arbeitsverhältnis“ gleichgesetzt werden kann, da ganz unterschiedliche Pflichtenbindungen die Arbeits- und Ausbildungsverhältnisse prägen.

Der Anspruch auf Schadensersatz ist nicht mehr durchsetzbar, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses geltend gemacht wird. Dabei ist bezüglich des Fristbeginns das vertragsgemäß rechtliche Ende des Ausbildungsverhältnisses maßgeblich.

7. Das Arbeits-/Ausbildungszeugnis

Selbstverständlich hat der Auszubildende bei der Beendigung des Ausbildungsverhältnisses einen Anspruch auf Erteilung eines schriftlichen Arbeitszeugnisses.

Die Erteilung eines entsprechenden Zeugnisses in elektrischer Form ist dabei gesetzlich ausgeschlossen.

Darüber hinaus ist das Ausbildungszeugnis auch ohne ausdrückliches Verlangen des Auszubildenden durch das Ausbildungsunternehmen auszustellen. Beachtet werden muss hierbei, dass das Zeugnis auch vom Auszubildenden unterschrieben wird.

Inhalt des Ausbildungszeugnisses sind sowohl Angaben über

  • Art
  • Dauer
  • Ziel der Berufsausbildung
  • die erworbenen Fertigkeiten
  • Kenntnisse des Auszubildenden.

Dies ist auch gesetzlich in § 16 Abs. 2 S. 1 BBiG verankert.

Sofern Sie noch weitere Fragen bezüglich Ihres Ausbildungsverhältnisses oder bezüglich Ihrer Auszubildenden haben sollten, freuen wir uns über Ihre Rückmeldung und stehen Ihnen selbstverständlich mit unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht hierfür zur Verfügung.

Da auch aus verfahrensrechtlicher Sicht bei Ausspruch einer Kündigung bestimmte gesetzliche Voraussetzungen einzuhalten sind, haben wir uns dieser Problematik in einem gesonderten Artikel zum Thema „Schlichtungsverfahren“ gewidmet, welchen Sie hier finden.

 

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