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Der Kündigungsschutz von Schwerbehinderten

Wir beraten Sie zum Kündigungsschutz bei Schwerbehinderung

Schwerbehinderte genießen im Vergleich zu nicht-behinderten Menschen einen besonderen Kündigungsschutz. Dieser Kündigungsschutz ist in den §§ 92 bis 95 SGB IX geregelt. Dies bedeutet im Ergebnis zwar nicht, dass Schwerbehinderte unkündbar sind, jedoch bestimmt der Gesetzgeber bestimmte Voraussetzungen, die erfüllt sein müssen, um eine Kündigung überhaupt wirksam aussprechen zu können. Auf die entsprechenden Einzelheiten wollen wir hier in diesem Artikel näher eingehen.

 

1. Wer ist schwerbehindert?

Als schwerbehinderte Person gilt jemand, der einen Grad der Behinderung (GdB) von mindestens 50 nach § 2 Abs. 2 SGB IX hat.

Zudem können jedoch auch behinderte Menschen mit einem Grad der Behinderung von zumindest 30 von ihrem Sonderkündigungsschutz Gebrauch machen, sofern ihrerseits ein Bescheid vorliegt, welcher ihnen die Gleichstellung mit einem Schwerbehinderten gewährt. Eine Gleichstellung behinderter Menschen erfolgt auf Antrag, wenn die Person aufgrund ihrer körperlichen Behinderung keine geeignete Arbeit findet oder eine vorhandene Arbeitsstelle in Folge der Behinderung aufgeben muss.

Ansonsten muss die Schwerbehinderteneigenschaft entweder offenkundig oder zumindest zum Zeitpunkt der Kündigung amtlich festgestellt sein. Hierbei reicht auch aus, dass der Betroffene spätestens drei Wochen vor Zugang der Kündigung seinen Antrag auf Anerkennung als Schwerbehinderter gegenüber der Behörde gestellt hat. Entscheidend ist also nicht, dass bereits zum Zeitpunkt des Zuganges der Kündigung über den Antrag positiv entschieden worden ist.

Der Sonderkündigungsschutz gilt für alle Arbeitnehmer mit Schwerbehinderung, unabhängig davon, ob es sich hierbei um einen Auszubildenden, leitenden Angestellten oder „klassischen“ Angestellten handelt.

 

2. Kündigungsschutz durch Zustimmung des Integrationsamtes

Sofern der Arbeitgeber sich zu einer Kündigung eines Schwerbehinderten bzw. eines einem Schwerbehinderten Gleichgestellten entschieden hat, ist er gesetzlich dazu verpflichtet, vor Ausspruch der Kündigung, die Zustimmung des Integrationsamtes einzuholen.

Dies gilt unabhängig von der Betriebsgröße, so dass auch in kleinen Betrieben die Zustimmung des Integrationsamtes vorliegen muss.

Die Zustimmung zur Kündigung ist bei der zuständigen Dienststelle des Integrationsamtes schriftlich zu beantragen. Grundsätzlich wird sodann der Arbeitnehmer sowie eventuell die zuständige Agentur für Arbeit, des Betriebs- oder Personalrats und der Schwerbehindertenvertretung um eine entsprechende Stellungnahme zum Kündigungsvorhaben seitens des Integrationsamtes eingeholt.

Eine ohne Anhörung des Schwerbehinderten erfolgten Entscheidung des Integrationsamtes ist nicht rechtmäßig und daher grundsätzlich anfechtbar.

 

3. Wie entscheidet das Integrationsamt?

Das Integrationsamt entscheidet grundsätzlich nach pflichtgemäßem Ermessen.

Dies bedeutet, dass das Integrationsamt sowohl die erforderlichen Interessen des Arbeitnehmers und des Arbeitgebers unter Berücksichtigung der Nachteile des Arbeitnehmers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzuwägen hat.

Das Integrationsamt hat insbesondere zu überprüfen, ob die Kündigung in irgendeinem kausalen Zusammenhang mit der Behinderung des gekündigten Arbeitnehmers steht.

Die Entscheidung des Integrationsamtes hat innerhalb eines Monats nach Antragstellung des Arbeitgebers zu erfolgen. Entscheidend ist hierbei der Tag des Eingangs des Antrags.

 

4. Rechtsfolgen

Sofern das Integrationsamt die Zustimmung zur Kündigung erteilt, kann der Arbeitgeber die Kündigung nur innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Zustimmung gegenüber dem Arbeitnehmer erklären. Auch hier kommt es auf die förmliche Zustellung an.

Im Umkehrschluss bedeutet dies, dass die Kündigung unwirksam ist, selbst wenn die Kündigung dem Grunde nach rechtens gewesen wäre, wenn der Arbeitgeber nicht ohne vorherige Zustimmung des Integrationsamtes die Kündigung ausgesprochen hat.

 

5. Besonderheiten bei der außerordentlichen Kündigung

Sofern Tatsachen vorliegen, die eine fristlose Kündigung begründen könnten, hat das Integrationsamt seine Entscheidung innerhalb von zwei Wochen vom Tage des Eingangs des Antrages an zu treffen. Sofern nicht innerhalb dieser Frist eine Entscheidung getroffen wird, gilt die Zustimmung des Integrationsamtes als erteilt.

Dies vor dem Hintergrund, dass grundsätzlich der Arbeitgeber ansonsten nicht die gesetzliche Frist von zwei Wochen zum Ausspruch einer fristlosen Kündigung wahren könnte.

 

6. Ausnahmen vom Zustimmungserfordernis

Sofern der schwerbehinderte Arbeitnehmer sich noch in der Probezeit befindet, ist eine Anhörung vor Ausspruch der Kündigung gegenüber dem Integrationsamt nicht erforderlich.

Auch sofern das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zwischen den Parteien durch einen Aufhebungsvertrag beendet wird, bedarf es keiner Zustimmung des Integrationsamtes.

 

Fazit:

Immer wieder erleben wir in der Praxis, dass insbesondere Arbeitnehmer glauben, durch ihre Schwerbehinderteneigenschaft „unkündbar“ zu sein. Dass dies gerade nicht der Fall ist, haben wir vorliegend klargestellt. Jedoch müssen auch bei einer Kündigung eines Schwerbehinderten viele formelle Voraussetzungen erfüllt sein, um hier ein Arbeitsverhältnis wirksam beenden bzw. kündigen zu können. Sofern Sie zu diesem Rechtsthema Fragen haben, freuen wir uns auf Ihre Rückmeldung und stehen Ihnen mit unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht zur Verfügung.

 

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