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Die verhaltensbedingte Kündigung – Wirksam oder nicht?

Hat eine Kündigungsschutzklage Aussicht auf Erfolg bei einer verhaltensbedingten Kündigung?

Bei den Kündigungsgründen wird gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) zwischen personenbedingten, verhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen unterschieden. Die betriebsbedingten Gründe liegen in der Sphäre des Arbeitgebers, während die personenbedingten und verhaltensbedingten Gründe in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen. Den Unterschied zwischen personenbedingten und verhaltensbedingten Gründen kann man wie folgt verdeutlichen: Bei personenbedingten Gründen kann der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen (keine vorwerfbare Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten), während er bei verhaltensbedingten Gründen seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen will (vorwerfbare Verletzung der arbeitsvertraglichen Pflichten).

Die Unterscheidung zwischen nicht-Können und nicht-Wollen ist wesentlich für die Frage, ob vor Ausspruch einer Kündigung eine vorherige Abmahnung erforderlich ist. Will ein Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten nicht ordnungsgemäß erfüllen, ist eine vorherige Abmahnung als milderes Mittel gegenüber der Kündigung grundsätzlich geeignet, eine Verhaltensänderung herbeizuführen.

 

1. Ordentliche oder außerordentliche verhaltensbedingte Kündigung

Die verhaltensbedingte Kündigung kommt als ordentliche fristgemäße Kündigung oder als außerordentliche Kündigung mit sozialer Auslauffrist, welche der ordentlichen Kündigungsfrist entspricht (z. B. bei tariflich ordentlich unkündbaren Arbeitnehmern) in Betracht.

 

2. Voraussetzungen einer verhaltensbedingten Kündigung

a. Pflichtverletzung

Zunächst ist bei der Prüfung der Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung zu prüfen, ob objektiv gesehen eine Pflichtverletzung vorliegt. Das Verhalten des Arbeitnehmers muss an sich geeignet sein, eine fristgemäße oder auch fristlose Kündigung zu rechtfertigen.

Objektive Gründe für eine verhaltensbedingte Kündigung können im Leistungsbereich (z. B. schlechte Arbeitsleistung), in der betrieblichen Ordnung (z. B. Verstoß gegen ein Rauchverbot) , im Vertrauensbereich (z. B. Straftaten) und bei den Nebenpflichten (z. B. verspätete Krankmeldung) gegeben sein. Fehlverhalten im privaten Bereich kommt nur dann für eine verhaltensbedingte Kündigung in Betracht, wenn sich das Fehlverhalten auf das Arbeitsverhältnis auswirkt.

Die verhaltensbedingte Kündigung setzt in der Regel weiter voraus, dass der Arbeitnehmer schuldhaft gehandelt hat, die Pflichtverletzung also vorsätzlich oder fahrlässig begangen wurde.

Beispiele:

  • Die Ankündigung einer Krankheit
  • Anderweitige Beschäftigung während der Arbeitsunfähigkeit
  • Wiederholtes unentschuldigtes Fehlen oder nicht rechtzeitiges Erscheinen zum Arbeitsantritt eines Arbeitnehmers
  • Missbrauch von Arbeitszeiterfassungsgeräten (z. B. Stempeluhr oder elektronisches Erfassungssystem)
  • Eigenmächtige Selbstbeurlaubung
  • Beharrliche Arbeitsverweigerung
  • Kirchenaustritt bei Beschäftigung in kirchlicher Einrichtung
  • Private Nutzung des Internets (unter Vorliegen weiterer Voraussetzungen)
  • Strafbare Handlungen im Betrieb

Eine verhaltensbedingte Kündigung kann gegenüber einem leistungsschwachen Arbeitnehmer gerechtfertigt sein, wenn der Arbeitnehmer seine arbeitsvertraglichen Pflichten durch fehlerhaftes Arbeiten vorwerfbar verletzt, d. h. nicht unter angemessener Ausschöpfung seiner persönlichen Leistungsfähigkeit arbeitet. Dabei kann eine längerfristige deutliche Überschreitung der durchschnittlichen Fehlerquote je nach tatsächlicher Fehlerzahl, Art, Schwere und Folgen der fehlerhaften Arbeitsleistung ein Anhaltspunkt dafür sein, dass der Arbeitnehmer vorwerfbar seine vertraglichen Pflichten verletzt. Legt der Arbeitgeber dies im Prozess dar, hat anschließend der Arbeitnehmer darzulegen, warum er trotz erheblich unterdurchschnittlicher Leistungen seine persönliche Leistungsfähigkeit ausschöpft.

b. Wiederholungsgefahr (Negative Prognose)

Die Bejahung einer Pflichtverletzung allein reicht nicht aus, eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses zu begründen, weil mit einer verhaltensbedingten Kündigung das Risiko weiterer Pflichtverletzungen in der Zukunft ausgeschlossen werden soll. Es kommt also entscheidend darauf an, ob das Arbeitsverhältnis auch in Zukunft durch das Fehlverhalten des Arbeitnehmers belastet sein wird, mithin eine Wiederholungsgefahr vorliegt. Hierbei handelt es sich um eine Prognoseentscheidung in Gestalt einer negativen Prognose, welche sorgfältige Vorüberlegungen erfordert.

Die Rechtsprechung geht davon aus, dass das künftige Verhalten in der Regel durch eine Abmahnung positiv beeinflusst werden kann. Daraus folgt, dass vor Ausspruch einer verhaltensbedingten Kündigung das zu missbilligende Verhalten in der Regel abgemahnt werden muss. Das abgemahnte Verhalten muss sich also wiederholt haben, die Abmahnung mithin ohne Wirkung geblieben sein. Daraus lässt sich dann schließen, dass eine Wiederholungsgefahr besteht und eine negative Prognose getroffen werden kann.

Eine Wiederholungsgefahr ohne vorherige Abmahnung kann nur in Ausnahmefällen angenommen werden, wenn die Pflichtverletzung sehr schwerwiegend ist oder eine Abmahnung für alle Beteiligten offensichtlich erkennbar keine Wirkung zeigen würde. Dieser Grundsatz ist auch zu beachten, wenn eine fristlose Kündigung ins Auge gefasst wird.

In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass die Arbeitsgerichte prüfen, ob die Abmahnung, auf welche sich die verhaltensbedingte Kündigung stützt, inhaltlich den Anforderungen an eine wirksame Abmahnung genügt. Auch dabei können Fehler gemacht werden. Auf eine unwirksame Abmahnung kann eine verhaltensbedingte Kündigung nicht gestützt werden.

c. Kein milderes Mittel (Ultima-Ratio-Prinzip)

Sind Pflichtverletzung und Wiederholungsgefahr zu bejahen, ist nach dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu prüfen, ob neben der Kündigung noch eine weniger einschneidende Maßnahme als milderes Mittel, z. B. eine Versetzung des Arbeitnehmers, in Betracht kommt.

d. Interessenabwägung

Sind Pflichtverletzung und Wiederholungsgefahr zu bejahen und ist kein milderes Mittel gegeben, ist abschließend eine umfassende Interessenabwägung durchzuführen. Dies ist unabhängig von der Schwere der dem Arbeitnehmer vorgeworfenen Pflichtwidrigkeit. Bei der Interessenabwägung gilt es die Gesamtumstände des Falles zu betrachten und das Interesse des Arbeitgebers an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Interesse des Arbeitnehmers am Erhalt des Arbeitsplatzes abzuwägen. Dabei ist insbesondere die Dauer der Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers zu berücksichtigen. Auf Arbeitgeberseite ist zu berücksichtigen, inwieweit konkret der Betriebsablauf bzw. der Betriebsfrieden gestört ist.

 

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