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Ihr Arbeitgeber fordert die Rückzahlung von Lohn? Darf er das? Wir beraten Sie!

Lohn- bzw. Entgeltrückzahlung

 

Sofern ein Arbeitnehmer mehr Entgelt erhalten hat, als ihm zustand, kann der Arbeitgeber grundsätzlich seinen Anspruch auf Entgeltrückzahlung geltend machen. Dabei besteht zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber häufig Streit bezüglich der Fragen zur Höhe der Rückzahlung, ob brutto oder netto auszugleichen ist und ob die Forderung überhaupt rechtens ist.

 

1. Welche Voraussetzungen müssen vorliegen?

Dabei bestehen grundsätzlich unterschiedliche Rechtsgrundlagen, den Anspruch auf Rückzahlung durchzusetzen.

  • Vertraglicher Anspruch

Die Parteien können bereits im Arbeitsvertrag vereinbart haben, dass der Arbeitnehmer zu viel erhaltenes Entgelt ohne Rücksicht auf die noch vorhandene Bereicherung zurückzuzahlen hat. Zweck einer solchen vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung ist es, dem Arbeitnehmer nicht die Möglichkeit im Falle einer Überzahlung einzuräumen, den Einwand der sogenannten Entreicherung gemäß § 818 Abs. 3 BGB einzuwenden.

Dieser sieht vor, dass der Arbeitnehmer eine sogenannte „Luxusausgabe“ einwendet, für welche er die Überzahlung des Entgeltes verwendet hat, so dass er nicht mehr zur Rückforderung aufgefordert werden kann.

Darüber hinaus besteht bei dieser vertraglichen Rückzahlungsverpflichtung die Möglichkeit, dass der Arbeitnehmer mit Schadensersatzansprüchen aufrechnen kann, sofern er beweisen kann, dass er in Folge der zunächst fehlerhaften Entgeltberechnung und entsprechender Auszahlung im Vertrauen auf deren Richtigkeit Ausgaben getätigt hat, die er bei Kenntnis der Entgeltüberzahlung nicht gemacht hätte.

  • Ungerechtfertigte Bereicherung

Sofern keine vertragliche Rückzahlungsverpflichtung im Arbeitsvertrag geregelt wurde, kann sich ein Entgeltrückzahlungsanspruch aus § 812 BGB, der sogenannten ungerechtfertigten Bereicherung, ergeben.

Danach gilt der Grundsatz:

„Was der Arbeitnehmer ohne Rechtsgrund erhalten hat, muss er an den Arbeitgeber auch zurückerstatten.“

Dies gilt sowohl für die Umstände, dass der Arbeitgeber die Vergütung fehlerhaft berechnet hat, als auch, wenn er zu viel ausgezahlt oder irrtümlich glaubte, aufgrund tariflicher oder arbeitsvertraglicher Vorschriften zur Leistung verpflichtet zu sein.

Ebenfalls umfasst sind hiervon zu Unrecht geleistete Krankenbezüge, welche ebenfalls zurückzuerstatten sind.

Der Anspruch auf ungerechtfertigte Bereicherung ist hingegen ausgeschlossen, sofern der Arbeitgeber in Kenntnis der Überzahlung dennoch leistete und es sich insofern um eine sogenannte bewusste Überzahlung handelte.

Ferner ist der Anspruch ebenfalls ausgeschlossen, sofern die Zahlung zu gesetzes- oder sittenwidrigen Zwecken erfolgte.

Als Beispiel soll hier genannt werden, dass der Arbeitgeber die Zahlung erbringt, um den Arbeitnehmer zu einer gesetzeswidrigen Arbeit zu veranlassen, etwa zur Arbeit als LKW-Fahrer unter Verstoß gegen die gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten.

Der Arbeitnehmer kann sich jedoch gegenüber dem Bereicherungsanspruch auf den sogenannten Wegfall der Bereicherung berufen. Um sich hierauf berufen zu können, muss der Arbeitnehmer dartun, dass er das zu viel empfangene Geld verbraucht hat und nicht ausgegeben hätte, sofern er von der „Zuvielzahlung“ gewusst hätte.

Wichtig: Sofern die Überzahlung bei Arbeitnehmern der unteren oder mittleren Einkommensgruppen geringfügig ist, so ist ohne nähere Darlegung davon auszugehen, dass die zu viel empfangenen Beträge für den Lebensunterhalt ausgegeben worden sind und eine Bereicherung nicht mehr vorhanden ist, so auch BAG, Aktenzeichen 6 AZR 517/83.

Die Geringfügigkeit wird ungefähr mit einer Summe von 10 % des dem Arbeitnehmer zustehenden Endgehaltes verglichen. Diese Grundsätze gelten jedoch nicht für Besserverdienende, da bei diesen nicht davon ausgegangen werden kann, dass Mehreinkünfte unmittelbar für eine bessere Lebenshaltung ausgegeben werden.

Auch kann sich der Arbeitnehmer auf die sogenannte „Entreicherung“ gemäß § 818 III BGB stützen, sofern er den Lohn für „Luxusaufwendungen“ verbraucht hat, die er ansonsten nicht tätigen würde.

Hierzu folgendes Beispiel: Sofern der Arbeitnehmer belegen kann, bisher ausschließlich „immer seinen Urlaub im Schrebergarten verbracht zu haben und nunmehr zu einem 14-tätige Segelturn auf die Malediven reiste“, liegt eine „Entreicherung“ vor, so dass der Arbeitgeber keinen Anspruch mehr auf Rückzahlung hat.

  • Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers

Unter gewissen Gesichtspunkten kann auch hier ein Schadensersatzanspruch des Arbeitgebers wegen einer Nebenpflichtverletzungen aus dem Arbeitsverhältnis des Arbeitnehmers erfolgen.

Dies ist dann der Fall, wenn der Arbeitnehmer zur Lohnrückzahlung verpflichtet ist und es fahrlässig unterlassen hat, seinen Mitteilungspflichten gegenüber dem Arbeitgeber nachzukommen und dadurch die Lohnüberzahlung herbeiführt.

 

2. Ist die Rückzahlungsverpflichtung in brutto oder netto auszugleichen?

Grundsätzlich besteht keine Einigkeit, ob der Umfang der Entgeltrückzahlungsverpflichtung als Brutto- oder Nettobetrag zurückzuführen ist.

Bei der Rückführung des Bruttobetrages müssten über den Nettobetrag hinaus auch die entrichteten Steuern und Sozialabgaben wieder an den Arbeitgeber zurückgeführt werden. Dies erscheint nicht interessengerecht, da der Arbeitnehmer grundsätzlich nur das zurückerstatten soll, was er auch entsprechend erhalten hat.

  • Insofern ist richtig, dass der Arbeitnehmer grundsätzlich nur den Nettobetrag zurückzuerstatten hat.

Denn der Arbeitgeber kommt mit der Abführung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen grundsätzlich seiner eigenen Verpflichtung zur Abführung nach § 41a EStG, §§ 28e und 28h SGB IV nach. Der Arbeitgeber ist folglich selber daran gehalten, die auf das Arbeitsentgelt entfallenden Steuern vom Finanzamt unmittelbar im Wege der Direktkondition zurückzufordern.

Hinsichtlich der Sozialversicherungsbeiträge kann sich der Arbeitgeber den Gesamtsozialversicherungsbeitrag (Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteile) zurückerstatten lassen. Dies soll auch, so die überwiegende Meinung vor den Arbeitsgerichten, auch dem Arbeitgeber im Zuge des praktizierten und vereinfachten Erstattungsverfahrens zumutbar sein.

Eine entsprechende Klage auf Rückzahlung der Bruttovergütung einschließlich der Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung wäre daher als unzulässig zurückzuweisen.

 

3. Kann der Anspruch verjähren bzw. verfallen?

Entgeltrückzahlungsansprüche unterliegen tariflichen Verfallfristen, sofern hier ein Tarifvertrag greift.

Dabei ist darauf hinzuweisen, dass einseitige Erklärungen des Arbeitgebers „Zahlung unter Vorbehalt“ die Anwendung dieser tariflichen Verfallfristen nicht ausschließt.

Darüber hinaus kann im Einzelfall aufgrund § 242 BGB ein Verfall auch dann nicht eintreten, wenn der Arbeitnehmer es grob pflichtwidrig unterlassen hat, auf ungewöhnliche und hohe rückzahlungsbegründende Umstände hinzuweisen.

Grundsätzlich verjähren Entgeltrückzahlungsansprüche, die auf einer ungerechtfertigten Bereicherung beruhen, innerhalb der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren, beginnend ab Kenntnis oder grober fahrlässiger Unkenntnis, jedoch maximal nach 10 Jahren.

 

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