Erbrecht

Alles was Sie wissen müssen zu den Themen „Ehegattentestament und Berliner Testament“

Mit dem Ehegattentestament bösen Überraschungen vorbeugen

 

Es kommt oftmals zu einer bösen Überraschung nach dem Tod eines Ehepartners, wenn das Nachlassgericht neben dem überlebenden Ehegatten auch Kinder oder andere Verwandte als Erben in den Erbschein aufnimmt. Schließlich glauben die meisten Eheleute, dass ihr Vermögen ihr gemeinsames Eigentum ist. Dem ist jedoch nicht so. Rechtlich gesehen werden ihre Vermögen auch nach der Eheschließung getrennt voneinander betrachtet.

Ein sog. Ehegattentestament verhindert solch böse Überraschungen, da sich schließlich die meisten Eheleute wünschen, dass ihre Angehörigen und Kinder erst nach dem Tod des länger lebenden Ehepartners erben sollen.

Ziele, Inhalte und Formen des gemeinschaftlichen Testaments werden wir Ihnen im Folgenden darlegen, um Ihnen einen Überblick über dieses komplexe Rechtsgebiet zu verschaffen

 

1. Warum ist ein Ehegattentestament sinnvoll?

Auch in einer funktionierenden Ehe ist es sinnvoll, die Erbfolge testamentarisch zu regeln. Ohne Ehevertrag oder Testament greift im Todesfall nämlich die gesetzliche Erbfolge und diese birgt einige Nachteile in sich.

So bilden der überlebende Ehepartner und die Kinder des Erblassers eine Erbengemeinschaft, in der jedem Erben nur ein Anteil des Vermögens zusteht. Die Erbengemeinschaft kann nur gemeinsam über den Nachlass entscheiden und dem einzelnen Erben stehen nicht automatisch besondere Gegenstände zu. Der Ehegatte hat im Allgemeinen nicht die gesamte Verfügungsgewalt über das Erbe und ist so unzureichend versorgt.

So könnten die Kinder beispielsweise jederzeit von dem Ehepartner verlangen, dass das Erbe geteilt wird, was dann zu negativen Auswirkungen für ihn führen kann, wenn z.B. ein Haus im Spiel ist. Sollte der Ehepartner nicht über genügend Barmittel verfügen, die Kinder auszuzahlen, müsste ein Haus im Rahmen der Nachlassteilung versteigert werden. Aber auch wenn es nicht zur Auszahlung der Kinder kommt, da sie davon absehen, besteht in der Erbengemeinschaft immer die Pflicht, in Einigkeit mit den Kindern Entscheidungen über den Nachlass zu treffen.

Weitere Nachteile können Verzögerungen von unternehmerischen Entscheidungen sein, wenn beispielsweise ein Unternehmen Teil des Nachlasses ist. In diesem Fall kann das Unternehmen sogar in seiner Existenz und damit auch die finanzielle Lebensgrundlage des überlebenden Ehepartners gefährdet sein.

Auch die Minimierung der Erbschaftssteuer wird regelmäßig ohne Testament außer Acht gelassen.

 

2. Was ist der Unterschied zwischen einem gemeinschaftlichen Testament (Ehegattentestament) und einem Einzeltestament?

Im Gegensatz zu einem Einzeltestament können in einem Ehegattentestament (gemäß § 2270 BGB) die sog. „wechselbezüglichen Verfügungen“ getroffen werden. Diese Verfügungen hängen in ihrem rechtlichen Bestand voneinander ab:

  • Bindungswirkung im ersten Erbfall

Mit dem Tode eines Ehegatten kann der überlebende Partner seine wechselbezügliche Verfügung nicht mehr widerrufen. Eine Ausnahme gibt es dabei nur, wenn dies ausdrücklich im Testament als Möglichkeit festgehalten ist. Hierbei handelt es sich um eine der wichtigsten Eigenschaften eines Ehegattentestaments.

Möchte der Witwer oder die Witwe die eigene Verfügung rückgängig machen, so besteht nur der Weg, das durch das Testament Vererbte innerhalb von sechs Wochen auszuschlagen. In Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, dass der Überlebende seine eigene wechselbezügliche Verfügung anfechtet.

  • Eingeschränkter Widerruf zu Lebzeiten

Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung zu Lebzeiten der beiden Ehepartner kann nur durch eine notarielle beurkundete Erklärung geschehen und muss dem anderen Ehegatten zugestellt werden. Ein einseitiger Widerruf ist nicht gültig, wenn der andere Ehepartner wie vorgeschrieben nichts erfährt. Der Widerruf einer wechselbezüglichen Verfügung gilt automatisch auch für die andere Verfügung.

 

3. Welche Rolle spielen lebzeitige Schenkungen hinsichtlich der Bindungswirkung im Ehegattentestament?

Überlebende Ehepartner versuchen oftmals die Bindungswirkung des Ehegattentestaments zu umgehen, indem sie das spätere Erbe durch lebzeitige Schenkungen an die Personen schmälern, die nicht im Ehegattentestament benannt wurden.

Nach aktueller Rechtslage müssen diese Schenkungen nach dem Tod des Schenkers an dessen Erben zurückgegeben werden (s. § 2287 BGB), wenn für den Schenker mit der Schenkung kein sog. „lebzeitiges Eigeninteresse“ verbunden war. Zum Beispiel ist die Schenkung nur dann gültig, wenn der Schenker den Beschenkten für die bisher erbrachte Pflege belohnen wollte.

 

4. Was ist das sog. „Berliner Testament“?

Diese spezielle Form des Ehegattentestaments regelt, dass sich die Eheleute zunächst gegenseitig und anschließend die Kinder als Erben einsetzen (§ 2269 BGB). Es gibt dabei unterschiedliche Formen, die wir im nächsten Abschnitt erläutern. Welche Variante von den Ehegatten gewollt war, muss, wenn sie nicht im Wortlaut festgelegt ist, unter Umständen durch Auslegung ermittelt werden.

 

5. Welche Form hat ein Ehegattentestament?

Das „gemeinschaftliche Testament“ oder Ehegattentestament kann von Ehepaaren oder gleichgeschlechtlich eingetragenen Lebensgemeinschaften entweder in notarieller oder privatschriftlicher Form eingerichtet werden. Sollte es handschriftlich verfasst werden, reicht es gemäß § 2267 BGB aus, wenn ein Partner es aufschreibt und es abschließend beide unterzeichnen.

 

6. Welchen Inhalt kann das Ehegattentestament haben?

Einem Ehepaar stehen verschiedene Wege der testamentarischen Nachlassregelung offen. So kann der überlebende Ehepartner als:

  • Alleinerbe,
  • Vorerbe oder
  • Vermächtnisnehmer eingesetzt werden.

Im Folgenden stellen wir die Vor- und Nachteile der einzelnen Nachlassregelungen gegenüber.

 

1. Der Ehepartner als Alleinerbe

Im sog. Berliner Testament setzen sich die Ehepartner im gemeinschaftlichen Testament wechselseitig als Alleinerben ein und nach dem Tod des Längerlebenden sind die gemeinsamen Kinder als Schlusserben bestimmt sind. Der Vorteil besteht darin, dass das Vermögen zunächst einmal uneingeschränkt auf den Ehegatten übergeht und er dadurch die alleinige Entscheidungsfreiheit über sämtliche Nachlassangelegenheiten hat.

Diese Variante birgt jedoch den Nachteil in sich und damit einhergehend die Gefahr, dass die gemeinsamen Kinder im ersten Erbfall zunächst enterbt wären und sie daher einen Pflichtteilsanspruch oder Pflichtteilsergänzungsanspruch gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend machen könnten. Sollte es bei dem Erbe z.B. um eine Immobilie gehen, so könnten die Kinder ihren Pflichtteil gegenüber dem überlebenden Elternteil geltend machen, was zur Auszahlung des Pflichtteils oder gar zur Versteigerung der Immobilie führen könnte. Die Lebensgrundlage des überlebenden Ehepartners wäre hiermit entzogen. Eine Möglichkeit diese Gefahr zu umgehen, wäre eine Vereinbarungen zu Lebzeiten mit den Kindern zu treffen, dass sie zu einem Pflichtteilsverzicht im ersten Erbfall ggf. unter Zahlung einer Abfindung bereit wären. Dieser Pflichtteilsverzicht wäre notariell zu beurkunden.

Ein weiterer Nachteil entsteht gerade bei größeren Nachlässen dadurch, dass diese Testamentsform eine Steuerfalle sein kann.

 

2. Der Ehepartner als Vorerbe

In einer anderen Variante des Berliner Testaments wird der überlebende Ehepartner als „Vorerbe“ und die gemeinsamen Kinder als „Nacherben“ eingesetzt. Der Nachlass stellt dann ein Sondervermögen dar, über das der überlebende Ehepartner nur im engen Rahmen verfügen kann. Schenkungen sind nicht erlaubt und eine vererbte Immobilie kann weder veräußert noch belastet werden.

Diese Variante hat den Vorteil, dass das Erbe für die Kinder gesichert wird. Es besteht die Möglichkeit, dass der Erblasser den Vorerben teilweise von diesen Einschränkungen befreit. Der Nachteil dieser Variante ist, dass die eingeschränkte Handlungsfähigkeit des Vorerben zu Problemen führen kann z.B. im Pflegefall oder bei finanziellen Engpässen.

 

3. Der Ehepartner als Vermächtnisnehmer

In einer anderen Variante des Ehegattentestaments können die Kinder als Erben eingesetzt werden und dem Ehepartner im Rahmen eines Vermächtnisses ein Wohn- und Nießbrauchrecht vererbt werden.

Die Vorteile hierbei sind, dass die Geltendmachung der Pflichtteilsrechte durch die Kinder verhindert werden und die Erbengemeinschaft mit ihren Nachteilen vermieden werden kann.

Für den überlebenden Ehepartner beinhaltet diese Variante aber auch Nachteile, da trotz der relativ guten Absicherung durch das Wohn- und Nießbrauchrecht der Ehegatte jedoch über Nachlassgegenstände nicht verfügen oder sie belasten darf.

 

7. Was ist eine testamentarische Wiederheiratungsklausel und welchen Nutzen hat sie?

Eine Wiederheiratungsklausel wird in das Testament für den Fall aufgenommen, dass der Witwer oder die Witwe wieder heiraten sollten. In diesem Fall wäre der neue Ehegatte erb- und pflichtteilsberechtigt und das Erbe würde für die testamentarischen Schlusserben (in der Regel die gemeinsamen Kinder aus der ersten Ehe) geschmälert.

Durch diese Klausel wird geregelt, dass der Nachlass ganz oder teilweise auf die Schlusserben übergeht, wenn der Witwer oder die Witwe eine neue Ehe eingeht. So soll das Eigenvermögen des Witwers bzw. der Witwe rechtlich vom Nachlass getrennt werden, so dass der neue Ehepartner nur am Eigenvermögen des Verstorbenen bzw. der Verstorbenen, nicht aber am Nachlass Erb- oder Pflichteilsansprüche geltend machen kann.

 

8. Welche Folgen hat eine Scheidung auf ein früheres Ehegattentestament?

Das Ehegattentestament ist daran geknüpft, ob die Ehe zu dem Zeitpunkt des Todes des Erblassers noch besteht. Ausnahmsweise kann das Ehegattentestament die Ehe aber auch überdauern und der Ehegatte auch im Falle einer Scheidung bedacht werden, wenn dies im Testament ausdrücklich gesagt wird oder so ausgelegt werden kann. Um Auslegungsprobleme zu vermeiden, sollte die Wirkung des Testaments im Falle der Scheidung ausdrücklich im Testament geregelt werden.

 

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