Erbrecht

Alles was Sie wissen müssen zum Thema „Testament und Demenz“

Kann ich ein Testament wegen Demenz anfechten? Was gilt es zu beachten?

 

Demenz ist ein Thema, das fast 1,6 Millionen erkrankte Menschen in Deutschland betrifft, aber weitaus mehr Menschen bewegt oder gar verängstigt. Die Krankheit ist nicht heilbar, der geistige Verfall unaufhaltbar und daher ist es umso wichtiger, sich frühzeitig Gedanken um das Leben im Alter zu machen, auch wenn die Auseinandersetzung mit diesem Thema nicht leicht fällt. Schließlich bringt insbesondere eine Demenzerkrankung rechtliche Probleme mit sich, die durch vorzeitiges Handeln verhindert werden können. Juristische Probleme können bzgl. der Geschäftsfähigkeit, Vorsorge- und Betreuungsvollmachten und des Testaments auftreten. Gerade im Erbfall kommt es immer wieder zu Rechtsstreitigkeiten, weil die Erben an der Rechtsgültigkeit des Testaments Ihres verstorbenen demenzkranken Angehörigen zweifeln. Doch es gibt Optionen bei der Testamentserstellung, diese Zweifel auszuräumen, indem ein wirksames Testament errichtet wird.

Im Folgenden möchten wir Ihnen daher einen Überblick darüber geben, was insbesondere bzgl. der Testierfähigkeit und der Testamentserstellung bei Demenzkranken zu beachten ist.

 

1. Was versteht man unter dem Begriff „Testierfähigkeit“?

Im Allgemeinen bedeutet Testierfähigkeit das Vermögen eines Menschen, ein Testament errichten, es abzuändern oder gar zu widerrufen. Im Gegensatz zur Testierfähigkeit spricht das Gesetz von einer Testierunfähigkeit, wenn die Person entweder das 16 Lebensjahr noch nicht vollendet hat oder wegen einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit, einer Geistesschwäche oder Bewusstseinsstörung nicht erkennen kann,

  • dass sie ein Testament errichtet und welchen Inhalt es hat,
  • welche Tragweite ihre Anordnungen bezüglich der persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der betroffenen Personen (Erben, Vermächtnisnehmer, enterbte Personen usw.) haben,
  • welche Gründe für und gegen die sittliche Berechtigung der Anordnung sprechen,
  • ihren Willen nicht frei von Einflüssen Dritter bilden kann. (vgl. § 2229 Abs. 4 BGB)

 

Für den Fall, dass einer dieser Punkte nicht erfüllt wird, ist juristisch von einer Testierunfähgkeit auszugehen, wobei die Testierfähigkeit immer zum Zeitpunkt der Testamentserstellung vorliegen muss. Ein Irrglaube ist es, dass eine gesetzliche Betreuung zwangsläufig mit einer Testierunfähigkeit einhergeht.

Ebenso falsch ist es, von einem Krankheitsbild automatisch auf eine Testierunfähigkeit zu schließen. Zwar können Psychoneurosen, Psychosen, Manien, fehlenden Intelligenz oder Depressionen zu einer Testierunfähigkeit führen, das Krankheitsbild der Demenz (genauer gesagt Alzheimer oder vaskuläre Demenz) muss jedoch bereits mittelschwer ausgeprägt sein, um die Testierfähigkeit außer Kraft zu setzen. Schlussendlich kann die Testierfähigkeit nur im Einzelfall anhand der Prüfung vor genannter Kriterien festgestellt werden.

Für den Fall der Testierunfähigkeit bedeutet dies auch, dass es nicht möglich ist, sein Testament durch einen Dritten z.B. einen Betreuer oder Bevollmächtigten errichten zu lassen. Sowohl in dem Fall, dass ein Dritter direkten Einfluss genommen hat, als auch dass der Erblasser nicht selbstbestimmt handeln konnte, ist ein Testament unwirksam und eine Anfechtung im Erbfall möglich.

 

2. Wie kann ich ein Testament im Falle einer Demenz rechtssicher errichten?

Sollten Erblasser im Falle von einer dementieren Erkrankung ihr Testament rechtssicher errichten wollen, sind folgende Punkte beachtenswert:

 

  • Das Testament wird durch einen Notar beurkundet:

Zwar ist im Normalfall nicht immer eine notarielle Beurkundung eines Testaments notwendig – es reicht auch ein handschriftliches Testament – so ist diese jedoch im Falle einer Demenzerkrankung dringend zu empfehlen. Eine Beurkundung durch einen Notar kann zwar nicht immer dazu führen, dass das Testament im Erbfall wirksam ist, da er verständlicherweise nicht über medizinisches Fachwissen bzgl. der Feststellung der Testierfähigkeit verfügt. Dennoch kann er die Testierfähigkeit des Erblassers pflichtgemäß nach seinem Ermessen feststellen und dies in der Testamentsurkunde vermerken. Das notariell beurkundete Testament wird öffentlich gegen Zahlung einer Gebühr verwahrt.

 

  • Die Testierfähigkeit wird durch Einholung eines medizinischen Gutachtens geprüft:

Sollte zum Zeitpunkt der Testamentserstellung die Testierfähigkeit angezweifelt werden, kann ein medizinisches Gutachten durch einen Facharzt für Psychiatrie oder Nervenheilkunde eingeholt werden. Am besten sollte dieser Facharzt bereits über Erfahrungen im Umgang mit der Testierfähigkeit besitzen.

 

  • Das Testament soll in einem frühen Stadium der Krankheit erstellt werden:

Optimal ist es, ein Testament bereits im frühen Stadium einer Demenszerkrankung zu erstellen, da diese Krankheit sich unvorhersehbar schnell verschlechtern kann. Es gilt daher, keine Zeit zu verlieren, jedoch auch nicht übereilig zu reagieren und dabei auf eine juristische Beratung zu verzichten.

 

3. Wie kann ich ein Testament im Falle einer Demenz widerrufen?

Die Testierfähigkeit ist grundlegend auch beim Widerruf eines Testaments (z.B. im Falle einer Rücknahme aus amtlicher Verwahrung oder gar Vernichtung). Da auch hierbei oft Zweifel bestehen, ob der Erblasser zum Widerrufszeitpunkt testierfähig war, ist regelmäßig der Schritt der Testamentsanfechtung angebracht.

Insbesondere bei Ehegatten mit einem gemeinschaftliches Testament (z.B. in Form eines Berliner Testaments mit wechselseitigen Verfügungen) stellt sich hier ein besonderer Fall dar. So kann es vorkommen, dass der eine Ehepartner an Demenz erkrankt und testierunfähig wird, der andere hingegen gesund ist. Kann nun der gesunde Ehepartner dieses Testament auf Grund der Bindungswirkung noch widerrufen? Gemäß aktuellen Urteilen (vgl. OLG Karlsruhe mit Beschluss vom 9. Juni 2015 (11 Wx 12/15)) ist ein Widerruf nur unter Wahrung der Formvorschriften möglich.

So muss der Widerruf nicht nur notariell erklärt werden, sondern auch dem für Vermögensangelegenheiten zuständigen Betreuer des testierunfähigen Ehegatten zugestellt werden.

 

4. Was tun, wenn ich im Erbfall das Testament anfechten möchte?

Prinzipiell kann ein Testament innerhalb eines Jahres durch denjenigen angefochten werden, dem die Aufhebung des letzten Willens zugute kommt. Dabei muss die Anfechtung formgerecht gegenüber dem zuständigen Nachlassgericht erklärt werden. Sollte es sich um eine Erbfeststellungsklage handeln, so wird sie vor den Zivilgerichten geführt.

Gerade im nicht seltenen Fall, dass es sich bei dem Erblasser um einen Demenzkranken handelt, ist eine Anfechtung insofern ratsam, da durch eine fehlende Testierfähigkeit zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung ein wirksamer Anfechtungsgrund vorläge.

Das Gericht hat daher die Aufgabe, die Testierfähigkeit des Erblassers zum Zeitpunkt der Testamentserstellung zu prüfen, indem es Zeugen wie nahe Verwandte oder Bekannte sowie den Notar oder behandelnde Ärzte hinzuzieht. Dabei werden alle Zeugen, die von Berufs wegen der Schweigepflicht unterliegen, durch das Gericht von dieser befreit, um die Testierfähigkeit des Erblassers klären zu können. Schließlich geht das Gericht davon aus, dass dies im Wille des Erblassers geschehe.

Weitere Beweise für eine mögliche Testierunfähigkeit sind neben dem Testament auch Dokumente, welche die Krankheit darstellen, z.B. Kranken- und Pflegeakten sowie die Betreuungsakte. Entscheidend in solchen Verfahren ist jedoch oftmals die Hinzuziehung eines Gutachters, welcher zur Testierfähigkeit in einem Gutachten Stellung nehmen muss.

 

TIPP:

Die Testierfähigkeit eines Erblassers ist ein entscheidender Punkt für die Rechtswirksamkeit eines Testaments. So ist es in allen Fällen ratsam, sich anwaltliche Hilfe zu holen, ob Sie nun selber Betroffener einer Demenzerkrankung sind, einem Erkrankten angehören oder im Erbfall ein Testament anfechten möchten. In all diesen Fällen ist zeitnahes Handeln erforderlich, um langwierige und nervenaufreibende Auseinandersetzungen im Erbfall vor den Gerichten zu vermeiden.

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