31. März 2021
AllgemeinUpdate vom 9.8.2021:
Jetzt hat das LG Osnabrück (Urt. v. 09.07.2021, Az. 2 S 35/21) in zweiter Instanz das Urteil des AG Papenburg bestätigt. Es bleibt dabei. Die Fitnesstudios müssen die Beiträge zurückzahlen und können die Verträge nicht einseitig verlängern. Noch ist die Entscheidung nicht rechtskräftig, weil die Revision zugelassen ist.
Das Amtsgericht Papenburg – 3 C 337/20 – hat nun erstmals bestätigt, dass Fitnessstudiobeiträge für die Zeiten, in denen das Fitnessstudio coronabedingt geschlossen war, zurückgezahlt werden müssen. Nachfolgend beantworten wir alle Fragen zu diesem Themenkomplex.
In Deutschland entscheiden alle Gerichte unabhängig voneinander. Örtlich zuständig für die Streitigkeiten hinsichtlich der Rückzahlung von Fitnessstudiobeiträgen ist das Amtsgericht am Wohnsitz des Fitnessstudiomitglieds. Ob sich die übrigen Amtsgerichte der Entscheidung des Amtsgerichts Papenburg anschließen werden, bleibt abzuwarten. Es ist aber mindestens als erster Fingerzeig zu werten. Wir selbst gehen davon aus, dass sich die Gerichte anschließen werden. Aber theoretisch ist auch eine andere Entscheidung möglich.
Wenn der Verbraucher/in den Vertrag mit dem Fitnessstudio vor der Pandemie fristgerecht gekündigt hat, muss er keinen Gutschein akzeptieren.
Durch das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie dürfen die Betreiber der Fitnessstudios nun anstelle der Rückerstattung der Beiträge auch einen Gutschein herausgeben. Dies setzt allerdings voraus, dass der Verbraucher/in den Vertrag vor dem 08.03.2020 geschlossen hat. Der Verbraucher/in ist dann bis zum 31.12.2021 berechtigt den Gutschein einzulösen. Wenn der Verbraucher/in die Gutscheine jedoch bis zum diesem Datum nicht eingelöst hat, kann er die vollständige Auszahlung des Gutscheinwerts verlangen.
Etwas anderes gilt, wenn der Vertrag mit dem Fitnessstudio vor Beginn der Pandemie fristgerecht gekündigt wurde oder das Vertragsende in der coronabedingten Schließzeit liegt. In diesem Falle kann der Verbraucher/in den Gutschein vor dem regulären Vertragsende nicht einlösen. In diesem Falle müssen die Beiträge sofort zurückgezahlt werden. Den Verbraucher/in auf einen Gutschein darf das Fitnessstudio dann nicht.
Wir vertreten die Auffassung, dass die Fitnessstudios bei Lastschrifteinzug wissen mussten, dass sie ihre vertraglich geschuldete Gegenleistung nicht erbringen können. Sie hätten daher gar nicht erst per Lastschrift einziehen dürfen. Die Monatsbeiträge wurden somit erst gar nicht fällig.
Eine gerichtliche Entscheidung zu unserer Auffassung gibt es nach unserer Kenntnis bisher noch nicht. Die Verbraucherzentralen vertreten allerdings ebenfalls unsere Auffassung.
Eine ordentliche fristgerechte Kündigung kann der Verbraucher/in natürlich immer erklären. Eine fristlose Kündigung erfordert allerdings das Vorliegen eines wichtigen Grundes. Die coronabedingten Schließungszeiträume stellen allerdings nicht einen solchen wichtigen Grund dar. Ein Sonderkündigungsrecht besteht daher nicht.
Auch diese Frage ist nach unserer Auffassung sehr eindeutig. Das Amtsgericht Papenburg bestätigt dies nun. Wir gehen davon aus, dass sich auch insoweit die anderen Amtsgerichte anschließen werden.
Zahlreiche Fitnessstudios haben versucht die Rückzahlung der Beiträge oder auch das Ausgeben von Gutscheinen dadurch zu verhindern, dass die Verträge mit den Verbrauchern/innen kostenlos verlängert werden und somit nach Ablauf der Vertragslaufzeit die kostenfreien Monate hintendran gehängt werden.
Hierzu berufen sich die Fitnessstudios auf einige Urteile, welche bereits ergangen sind. Tatsächlich haben einige Gerichte den Fitnessstudios das Recht eingeräumt, die Vertragsdauer um die Schließungszeiträume zu verlängern.
Wir halten dies für grob falsch. Eine einseitige Verlängerung ist nicht möglich. Allenfalls im gegenseitigen Einvernehmen mit den Verbrauchern/innen ist eine solche Verlängerung möglich. Das Amtsgericht Papenburg bestätigt nun unsere Auffassung mit dem oben aufgeführten Urteil. Die Verbraucherzentrale ist ebenfalls unserer Auffassung.
Das Amtsgericht Papenburg hat nun eindeutig festgestellt, dass die Fitnessstudios auch nicht mit Verweis auf § 313 BGB die Verträge einseitig verlängern dürfen.
Die Verbraucher/innen sollten die Fitnessstudios zunächst außergerichtlich mit einem Schreiben auffordern die Beiträge zurückzuzahlen. Ein solches Musterschreiben haben wir für euch unter folgendem Link auf unserer Homepage kostenlos zur Verfügung gestellt.
Sollte nach der gesetzten Frist keine Rückzahlung erfolgen und auch kein Gutschein ausgestellt werden, so sollten die Verbraucher/innen einen Rechtsanwalt bei sich am Wohnort konsultieren und die Beiträge notfalls gerichtlich zurückfordern. Da möglicherweise einigen Rechtsanwälten das Urteil des Amtsgerichts Papenburg nicht bekannt ist, sollten die Verbraucher/innen die Kollegen vor Ort auf dieses Urteil explizit hinweisen.
Auf Grundlage dieses Urteils sollten sich die Beiträge erstreiten lassen.
Haben die Verbraucher/innen eine Rechtsschutzversicherung, so sollte eine Kostendeckungsanfrage erfolgen. Die Rechtsschutzversicherer werden dann in der Regel die Kosten für einen möglichen Rechtsstreit übernehmen. In diesem Falle besteht ein finanzielles Risiko allenfalls in Höhe der mit der Rechtsschutzversicherung vereinbarten Selbstbeteiligung.
Wenn die Verbraucher/innen finanziell nicht in der Lage sind einen Rechtsstreit zu führen, so kann Prozesskostenhilfe beantragt werden. In diesem Falle übernimmt der Staat die Kosten des Verfahrens. Die Kollegen vor Ort werden über die Möglichkeit der Beantragung von Prozesskostenhilfe Auskunft erteilen.
All denjenigen, welche nicht über eine Rechtsschutzversicherung verfügen und auch keinen Anspruch auf Prozesskostenhilfe haben, raten wir derzeit noch etwas abzuwarten. Wir gehen davon aus, dass in Kürze auch an zahlreichen weiteren Orten Entscheidungen zu diesem Themenkomplex ergehen. Wenn diese Urteil dann vorliegen und – wie erwartet – ebenfalls die Rückzahlungsansprüche bestätigen, ist das finanzielle Risiko gering.
Zu beachten ist in diesem Zusammenhang lediglich die Verjährungsfrist. Diese beträgt allerdings drei Jahre, beginnend mit dem Jahr in dem die Beiträge fällig werden. Es besteht also noch ausreichend Zeit.
Bitte beachten Sie, dass wir aufgrund der Vielzahl von Anfragen derzeit keine weiteren Mandate im Bereich der Fitnessstudiorückzahlungen übernehmen können. Wir bitten insoweit um Ihr Verständnis.
Ihre KGK Rechtsanwälte