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29. Oktober 2025

Allgemein

Ehegattenunterhalt nach Scheidung: Was Sie wissen müssen

Nach einer Scheidung entstehen oft komplexe Fragen zum Ehegattenunterhalt nach Scheidung. Die rechtlichen Regelungen sind vielschichtig und hängen von individuellen Umständen ab.

Wir bei KGK Rechtsanwälte erläutern Ihnen die wichtigsten Aspekte dieser Unterhaltsansprüche. Eine fundierte Kenntnis Ihrer Rechte und Pflichten schützt Sie vor kostspieligen Fehlentscheidungen.

Wann besteht Anspruch auf Ehegattenunterhalt?

Finanzielle Bedürftigkeit als Grundvoraussetzung

Der Anspruch auf Ehegattenunterhalt entsteht nur bei nachgewiesener Bedürftigkeit des antragstellenden Partners. Das bedeutet konkret: Ihr Einkommen muss unter dem während der Ehe erreichten Lebensstandard liegen. Das Familiengericht prüft dabei nicht nur Ihr aktuelles Gehalt, sondern auch verfügbare Vermögenswerte und mögliche Einkünfte aus Kapitalanlagen. Entscheidend bleibt die Differenz zwischen Ihrem tatsächlichen Bedarf und Ihren vorhandenen finanziellen Mitteln.

Checkliste der Voraussetzungen für die Bedürftigkeit beim Ehegattenunterhalt in Deutschland

Ein Partner mit einem Nettoeinkommen von 2.000 Euro kann durchaus unterhaltsberechtigt sein, wenn das Ehepaar zuvor einen Lebensstandard von 4.500 Euro monatlich hatte.

Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen prüfen

Die zweite zentrale Voraussetzung betrifft die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des zahlungspflichtigen Ehepartners. Der Selbstbehalt liegt für Erwerbstätige bei 1.600 Euro monatlich (dieser Betrag muss dem Unterhaltspflichtigen in jedem Fall verbleiben). Verdient Ihr Ex-Partner beispielsweise 3.500 Euro netto, stehen theoretisch 1.900 Euro für Unterhaltszahlungen zur Verfügung. Dabei berücksichtigen die Gerichte jedoch auch andere Unterhaltsverpflichtungen, insbesondere den vorrangigen Kindesunterhalt. Bei mehreren Unterhaltsberechtigten teilt sich die verfügbare Summe schnell auf, was Ihre individuellen Ansprüche reduziert.

Ausschlussgründe und Verwirkung vermeiden

Bestimmte Verhaltensweisen können Ihren Unterhaltsanspruch vollständig zunichte machen. Eine neue eheähnliche Lebensgemeinschaft führt häufig zum Wegfall der Unterhaltsberechtigung, da das Gesetz von gegenseitiger Unterstützung der neuen Partner ausgeht. Schwerwiegende Verfehlungen während der Ehe (etwa Gewalt gegen den Partner oder dessen Kinder) können ebenfalls zur Verwirkung führen. Besonders kritisch wird es, wenn Sie Ihre Bedürftigkeit mutwillig herbeiführen – beispielsweise durch die Kündigung einer zumutbaren Arbeitsstelle ohne triftigen Grund. Das Gericht unterstellt Ihnen dann ein fiktives Einkommen in Höhe des entgangenen Verdienstes.

Die Höhe Ihres Unterhaltsanspruchs hängt von komplexen Berechnungsverfahren ab, die verschiedene Faktoren berücksichtigen.

Wie wird der Ehegattenunterhalt berechnet?

Die 3/7-Regelung als Berechnungsstandard

Die Berechnung des Ehegattenunterhalts folgt in Deutschland überwiegend der sogenannten 3/7-Regelung oder Differenzmethode. Der unterhaltsberechtigte Partner erhält dabei drei Siebtel der Einkommensdifferenz zwischen beiden Ehepartnern. Bei einem bereinigten Nettoeinkommen von 4.000 Euro des Unterhaltspflichtigen und 1.500 Euro des Berechtigten beträgt die Differenz 2.500 Euro. Drei Siebtel davon entsprechen etwa 1.071 Euro monatlichem Unterhalt. Diese Methode hat sich bundesweit durchgesetzt, obwohl regionale Unterschiede bei den Oberlandesgerichten bestehen.

Drei Kernaussagen zur 3/7-Regelung beim Ehegattenunterhalt mit Beispielrechnung - ehegattenunterhalt nach scheidung

Das OLG Düsseldorf wendet beispielsweise eine modifizierte Berechnung an (mit leichten Abweichungen bei der Einkommensbereinigung), während andere Gerichte strikt nach der 3/7-Formel verfahren.

Anrechnung von Vermögen und Kapitaleinkünften

Das Familiengericht berücksichtigt bei der Unterhaltsberechnung nicht nur Arbeitseinkommen, sondern auch Vermögenserträge und den sogenannten Wohnvorteil. Besitzen Sie eine abbezahlte Immobilie, rechnet das Gericht eine fiktive Miete von etwa 4 bis 6 Prozent des Verkehrswerts als Einkommen an. Bei einer Immobilie im Wert von 400.000 Euro bedeutet das zusätzliche 1.600 bis 2.000 Euro monatlich. Kapitaleinkünfte aus Aktien, Anleihen oder Sparbüchern fließen vollständig in die Berechnung ein. Vermögen selbst zieht das Gericht nur dann heran, wenn es den angemessenen Eigenbedarf übersteigt oder zur Erzielung von Erträgen genutzt werden könnte.

Selbstbehalt und kritische Mangelfälle

Der Selbstbehalt schützt den Unterhaltspflichtigen vor existenzieller Not und liegt aktuell bei 1.600 Euro für Erwerbstätige. In Mangelfällen, wenn das verfügbare Einkommen nicht für alle Unterhaltsberechtigten ausreicht, wendet das Gericht eine strenge Rangfolge an: Minderjährige Kinder stehen an erster Stelle, gefolgt vom betreuenden Elternteil und privilegierten volljährigen Kindern. Der Ehegattenunterhalt rangiert erst in der vierten Stufe. Bei einem Nettoeinkommen von 2.800 Euro und Kindesunterhalt von 800 Euro bleiben nur 400 Euro für den Ehegattenunterhalt übrig (deutlich weniger als nach der 3/7-Regelung zu erwarten wäre). Diese Konstellation tritt häufiger auf als viele annehmen und reduziert Unterhaltsansprüche erheblich.

Die zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs spielt eine entscheidende Rolle für Ihre langfristige Finanzplanung.

Wie lange müssen Sie Unterhalt zahlen?

Unbefristeter Unterhalt bleibt die seltene Ausnahme

Die Zeiten lebenslanger Unterhaltszahlungen gehören weitgehend der Vergangenheit an. Das Bundesverfassungsgericht stellte 2011 klar, dass nur besondere Ausnahmefälle einen dauerhaften Unterhaltsanspruch rechtfertigen. Diese Ausnahmen betreffen hauptsächlich sehr lange Ehen (über 20 Jahre) mit klarer Rollenverteilung, bei denen ein Partner seine Erwerbstätigkeit vollständig aufgab. Bei einer 25-jährigen Ehe, in der die Ehefrau ausschließlich als Hausfrau tätig war, entsteht durchaus ein unbefristeter Anspruch. Ebenso bei schweren Erkrankungen oder Behinderungen, die eine Erwerbstätigkeit dauerhaft unmöglich machen. Das Gericht prüft dabei streng, ob der unterhaltsberechtigte Partner noch realistische Chancen auf dem Arbeitsmarkt besitzt.

Befristung nach § 1578b BGB wird zur Regel

Der Gesetzgeber schuf 2008 mit § 1578b BGB ein wirksames Instrument gegen unbegrenzte Unterhaltszahlungen. Danach begrenzt das Gericht den Unterhalt zeitlich oder setzt ihn der Höhe nach herab, wenn eine unbefristete Zahlung grob unbillig wäre. In der Praxis bedeutet das: Nach einer fünfjährigen Ehe ohne Kinder beträgt die Unterhaltsdauer selten mehr als zwei bis drei Jahre. Bei einer zehnjährigen Ehe mit schulpflichtigen Kindern sind fünf bis acht Jahre realistisch. Die Gerichte orientieren sich dabei an der sogenannten Halbteilungsregel (die Unterhaltsdauer entspricht etwa der Hälfte der Ehedauer), wobei Kinderbetreuungszeiten verlängernd wirken.

Kompakte Liste typischer Unterhaltsdauern und Orientierung nach § 1578b BGB in Deutschland - ehegattenunterhalt nach scheidung

Ein 45-jähriger Partner nach einer achtjährigen Ehe kann typischerweise mit vier Jahren Unterhalt rechnen, danach muss er seine finanzielle Eigenständigkeit erreicht haben.

Verwirkung durch veränderte Lebenssituation

Neue Lebensumstände beenden Ihren Unterhaltsanspruch oft schlagartig. Eine verfestigte Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner führt fast immer zum sofortigen Wegfall der Unterhaltsberechtigung, da das Gesetz von gegenseitiger Unterstützung ausgeht. Dabei genügt bereits das gemeinsame Wirtschaften über mindestens ein Jahr. Eine Wiederheirat beendet den Unterhaltsanspruch automatisch nach § 1586 BGB. Besonders tückisch: Selbst das Verschweigen einer neuen Beziehung führt zur Rückforderung bereits gezahlten Unterhalts. Wer seine Bedürftigkeit mutwillig herbeiführt (etwa durch Kündigung einer zumutbaren Arbeitsstelle), verliert ebenfalls seinen Anspruch. Das Gericht rechnet dann ein fiktives Einkommen in Höhe des entgangenen Verdienstes an und berücksichtigt dabei die Erwerbsobliegenheit des Unterhaltspflichtigen.

Zusammenfassung

Der Ehegattenunterhalt nach Scheidung unterliegt komplexen rechtlichen Regelungen, die eine individuelle Bewertung jedes Einzelfalls erfordern. Pauschale Berechnungen werden den vielschichtigen Faktoren wie Ehedauer, Vermögensverhältnissen und Erwerbsfähigkeit nicht gerecht. Die aktuellen Gesetzesentwicklungen tendieren klar zur zeitlichen Begrenzung von Unterhaltsansprüchen (außer in besonderen Ausnahmefällen).

Rechtliche Fallstricke entstehen besonders bei veränderten Lebenssituationen oder neuen Partnerschaften, die Ihre Unterhaltsansprüche gefährden können. Eine fachkundige Beratung schützt vor kostspieligen Fehlentscheidungen und optimiert Ihre Position in Unterhaltsverhandlungen. Ohne professionelle Unterstützung übersehen Sie möglicherweise wichtige Fristen oder Anspruchsgrundlagen.

Wir bei KGK Rechtsanwälte analysieren Ihre spezifische Situation und entwickeln eine maßgeschneiderte Strategie für Ihren Fall. Unsere Expertise im Familienrecht ermöglicht es uns, Ihre Interessen konsequent durchzusetzen und optimale Ergebnisse zu erzielen. Vereinbaren Sie einen Beratungstermin, um Ihre Unterhaltsansprüche professionell klären zu lassen.

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