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Alles was Sie wissen müssen zum Thema „Erwerbsobliegenheit“

Die Erwerbsobliegenheit im Familienrecht. Was muss ich beachten?

 

Eltern sind Ihren minderjährigen Kindern gegenüber zum Unterhalt verpflichtet. So eindeutig dieser Satz auch in der Theorie klingen mag, problematisch wird es in der Realität, wenn die Einkünfte eines Elternteils bei Weitem nicht ausreichen, um den Mindestunterhalt für das Kind zu zahlen. Was in diesem Fall der Gesetzgeber vorsieht und welche Rechte und Pflichten Sie als Unterhaltsschuldner haben, darüber möchten wir Sie im folgenden Artikel zur Erwerbsobliegenheit aufklären.

 

Was versteht man unter der gesteigerten Erwerbsobliegenheit?

Der Gesetzgeber sieht vor, dass der zum Unterhalt verpflichtete Elternteil nicht nur seine Arbeitskraft bestmöglich einsetzt, sondern sie auch im Ganzen ausnutzen muss. Man spricht hier von der sog. gesteigerten Erwerbsobliegenheit. Im Klartext bedeutet das, dass der unterhaltspflichtige Elternteil alle Möglichkeiten ausnutzen muss, erwerbstätig zu sein. Er ist daher verpflichtet, sich mit all seinen Kompetenzen langfristig eine Erwerbstätigkeit zu suchen, die den Mindestunterhalt Gewähr leistet. Wer denkt, es reiche hier die örtliche Suche nach einer Arbeitsstelle aus ,der irrt. Die Suche ist nicht nur großräumig um das Wohnumfeld zu führen, sondern muss je nach dem sogar auf ganz Deutschland ausgedehnt werden.

Zudem ist mit der gesteigerten Erwerbsobliegenheit auch die Pflicht verbunden, den Arbeitsplatz oder -ort zu wechseln oder eine Nebentätigkeit aufzunehmen, wenn das Einkommen nicht ausreicht, um den Unterhaltsverpflichtungen gegenüber den Kindern nachzukommen. Die gesteigerte Erwerbsobliegenheit bezieht sich jedoch nur auf die Unterhaltsverpflichtungen gegenüber minderjährigen bzw. privilegierten minderjährigen Kindern und nicht gegenüber dem Ehegatten.

 

Was passiert, wenn der Unterhaltspflichtige der gesteigerten Erwerbsobliegenheit nicht nachkommt?

Sollte der unterhaltspflichtige Elternteil weder Bemühungen ergreifen, eine Erwerbstätigkeit oder Nebentätigkeit aufzunehmen noch eine neue Arbeitsstelle zu suchen, die die Bezahlung des Mindestunterhalts ermöglicht, also in keinerlei Hinsicht seiner Verpflichtung der Erwerbsobliegenheit nachkommen, dann wird ihm ein sog. fiktives Einkommen, welches seine individuellen Verhältnisse berücksichtigt, zugeordnet. Der Gesetzgeber geht in diesem Falle davon aus, dass der Unterhaltspflichtige ein Einkommen erzielt, auch wenn dies in der Realität nicht der Fall ist. Die Zahlung des Mindestunterhalts berechnet sich dann auf der Grundlage dieser fiktiven Einkommensverhältnisse.

Diese Berechnung setzt jedoch voraus, dass zum einen sich der Unterhaltspflichtige klar und eindeutig allen Verpflichtungen der Erwerbsobliegenheit gegenüber verweigert, zum anderen diese errechneten fiktiven Einkünfte überhaupt von ihm erbracht werden können. Da das Gericht in diesem Zusammenhang die persönlichen Verhältnisse wie Alter, Berufserfahrung, Ausbildung und Gesundheit zur Ermittlung des fiktiven Einkommens zu Grunde legt und eingehend prüft, reicht es in der Regel nicht aus, dass der Unterhaltspflichtige sich darauf zurückzieht, dass er nicht genügend verdient, so lange er nicht seine gesamte Arbeitskraft ausschöpft. Ergibt eine gerichtliche Prüfung eine Verletzung der gesteigerten Erwerbsobliegenheit, dann kann es den unterhaltspflichtigen Elternteil in einem gerichtlichen Verfahren zur Zahlung des Unterhalts verurteilen.

 

Muss ich eine Nebentätigkeit annehmen, um meiner gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachzukommen?

Diese Frage ist nicht eindeutig zu beantworten. Prinzipiell besteht die Möglichkeit, dass das Gericht den Unterhaltspflichtigen dazu verpflichtet, sein Einkommen auf zumutbare Weise durch eine Nebentätigkeit zu erhöhen. Dies ist meist dann der Fall, wenn sein Netto-Einkommen zu gering ist. Eine Nebentätigkeit kann ihm sogar dann zugemutet werden, wenn er bereits Vollzeit im Schichtdienst bis zu max. 48 Stunden arbeitet. Zumutbare Nebentätigkeiten sind hier Tätigkeiten wie:

  • Kellnern,
  • Botentätigkeiten,
  • Reinigungstätigkeiten,
  • Tätigkeit als Umzugshelfer,
  • Taxifahren,
  • Austragen von Zeitungen und Werbezetteln.

In Einzelfällen ist die Verpflichtung zur Aufnahme einer Nebentätigkeit jedoch unzumutbar. Das Gericht geht dann davon aus, dass es unbillig sei, auf Grund der Lebens- und Arbeitssituation des Unterhaltspflichtigen, ihn auf die Aufnahme einer Nebentätigkeit zu verweisen. Da das Wohl des Kindes jedoch im Vordergrund steht, sind die Anforderungen, die das Gericht hier stellt, sehr hoch.

 

TIPP: Da die gesteigerte Erwerbsobliegenheit ein komplexes Gebiet ist, in dem zum einen durch das Gericht auf komplizierte Weise das fiktive Einkommen errechnet und zum anderen eingehend die private Lebens- und Arbeitssituation des Unterhaltspflichtigen geprüft wird, ist anwaltliche Beratung und Vertretung mithin die einzige Möglichkeit, die Rechte im Verfahren zu vertreten. Nicht immer muss einer gesteigerten Erwerbsobliegenheit nachgekommen werden, wenn die Gründe juristisch sicher und plausibel dargelegt werden. Dennoch sollten Sie die Anforderungen, die das Gericht an Sie als unterhaltspflichtigen Elternteil stellt, nicht unterschätzen. Scheuen Sie daher nicht die Kontaktaufnahme zu unserem Familienrechtsexperten, der Sie in allen Fragen zum Thema Erwerbsobliegenheit umfassend beraten kann.

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