Eine böse Überraschung gibt es oft für Kinder oder Ehepartner, wenn sie nach dem Tod ihres Familienangehörigen erfahren, dass sie enterbt worden sind. Macht sich nach der Trauer zunächst Ärger breit, so fragen sich die betroffenen Angehörigen, was ihnen gesetzlich vom Erbe zusteht und wie sie ihren Pflichtteil gegenüber den Erben einfordern können.
Da insbesondere das Pflichtteilsrecht ein sehr komplexes Rechtsgebiet darstellt, ist es immer empfehlenswert, unseren Erbrechtsexperten aufzusuchen. Allgemeine Informationen zum Thema bieten wir im Folgenden an.
1. Häufige Probleme bei der Geltendmachung des Pflichtteils
Insbesondere bei einer Enterbung, kann es zu Widerständen der Erben kommen, welche sich zumeist in einem ersten persönlichen Gespräch offenbaren. Sollten Sie gewisse Vorbehalte verspüren, ihnen den Pflichtteil auszuzahlen, ist die Kontaktierung eines Erbrechtspezialisten sinnvoll. Dieser kann schriftlich Auskünfte über den Bestand des Nachlasses sowie aller getätigten Schenkungen und Zuwendungen des Verstorbenen einfordern. Unter Fristsetzung wird er den bzw. die Erben zur Zahlung des Pflichtteils auffordern. Sollte es dann weiterhin zu einer Weigerung der Erben kommen, die Auskünfte vollständig zu erteilen oder sie zu belegen, so kann die Auskunftserteilung unter Umständen auch gerichtlich durchgesetzt werden.
Dieses geschilderte Vorgehen ist ratsam, wenn die Bereitschaft der Erben fehlt, den Pflichtteil auszuzahlen. Doch auch, wenn diese Bereitschaft vorhanden ist, ist ein Gespräch mit dem Rechtsanwalt ratsam, um sicher zu gehen, dass der Pflichtteil auch in der richtigen Höhe ausbezahlt wird.
Sollte es zu Streit kommen, was die Höhe des Pflichtteils betrifft oder sollten die Zahlungen ausbleiben, so müssen die Ansprüche ebenfalls gerichtlich durchgesetzt werden, wobei Ihnen hier ein Erbrechtsexperte auf Grund der vielen prozessualen Besonderheiten im Erbrechtsgerichtsverfahren weiter helfen kann.
Fehler treten aber auch bei der Berechnung des Pflichtteils auf. Häufig auftretende Fehler bei der Berechnung des Pflichtteils sind, dass aufzunehmende Positionen übersehen oder Teile des Nachlasses falsch berücksichtigt werden. Um diese Fehler zu verhindern, ist eine Rechtsberatung sinnvoll. Die entstehenden Kosten sind wesentlich geringer als der finanzielle Vorteil, der Ihnen dadurch erwächst. Zudem übernehmen Rechtsschutzversicherungen die Kosten nahezu vollständig.
2. Was versteht man unter „Enterbung“?
Von einer Enterbung spricht man, wenn dies im Testament ausdrücklich geschrieben ist oder ein anderer als Erbe eingesetzt wurde.
3. Wer ist pflichtteilsberechtigt nach einer Enterbung?
Pflichtteilsberechtigt sind nur Kinder (auch nichteheliche und adoptierte), Ehegatten und manchmal Eltern und Enkelkinder. Eltern haben jedoch nur dann einen Pflichtteilsanspruch, wenn der Verstorbene keine eigenen Kinder hat.
4. Was genau ist ein Pflichtteilsanspruch?
Im Erbrecht ist geregelt, dass Kindern, Ehepartner und manchmal auch Eltern einen Pflichtanteil des Nachlasses zusteht, der sogenannte Pflichtteil. Dieser Anspruch steht ihnen auch bei Enterbung zu und richtet sich nur nach dem hinterlassenen Vermögen des Erblassers und nicht nach dem Vermögen des überlebenden Ehegatten.
5. Wann haben Enkel einen Pflichtteilsanspruch?
In der Regel erhalten Enkel keinen Pflichtteil, da ihr Vater oder ihre Mutter in der Erbfolge vor ihnen stehen. Sollten sie jedoch nicht mehr leben, so haben Enkel auch einen Anspruch auf den Pflichtteil. Dieser Anspruch wird ihnen auch gewährt, wenn der Elternteil selbst das Erbe ausschlagen sollte.
6. Welche Auskünfte stehen mir als Pflichtteilsberechtigtem zu?
Auskunftsansprüche gegenüber dem Erben oder der Erbengemeinschaft können darin bestehen, ein Nachlassverzeichnis oder ein Wertgutachten vorzulegen oder eine Geldsumme (nach der entsprechenden Quote) aus dem Nachlass zu zahlen. Das Nachlassverzeichnis kann auch ein notarielles sein bzw. der Pflichtteilsberechtigte kann sogar verlangen, an der Erstellung des Verzeichnisses teilzunehmen. Eine eidesstattliche Versicherung, dass das Verzeichnis richtig ist, kann unter gewissen Umständen eingefordert werden.
7. Wann genau entsteht der Anspruch auf meinen Pflichtteil?
Nicht der Erhalt des Erbscheins, sondern der Eintritt des Todes ist Entstehungszeitpunkt für den Anspruch auf den Pflichtteil. Der Einspruch an sich richtet sich an den Erben bzw. alle Erben im Rahmen der Erbengemeinschaft.
8. Wie hoch ist der Pflichtteil?
Der Pflichtteil oder Pflichtanteil ist die Hälfte der Summe, die der Enterbte erhalten würde, wenn die gesetzliche Erbreihenfolge bestehen würde, also es kein Testament oder Erbvertrag gäbe. Eine Rolle spielt dabei der Güterstand, in dem der Verstorbene gelebt hat.
9. Unter welchen Umständen habe ich dennoch keinen Pflichtteilsanspruch?
Nur ausnahmsweise kann der Pflichtteilsanspruch ausgeschlossen werden, z.B. in dem Fall, dass der Pflichtteilsberechtigte eine schwere Straftat gegenüber dem Verstorbenen ausgeübt hat.
10. Das Vermögen wurde vor dem Tod verschenkt – was tun?
In diesem Fall besteht ein Anspruch auf die Ergänzung des Pflichtteils, der sog. Pflichtteilergänzungsanspruch. Dieser Anspruch richtet sich gegen die Erben. Seine Berechnung ist recht schwierig, da es u.a. darauf ankommt, wann die Schenkung erfolgt ist. Welche Schenkungen überhaupt oder in welchem Anteil berücksichtigt werden, ist als Laie nicht einfach zu verstehen, so dass hier eine Beratung durch unseren Erbrechtsexperten notwendig ist.
Relevant sind oftmals die Schenkungen, die innerhalb der letzten 10 Jahre vor dem Tod erfolgten. Eine entscheidende Rolle spielen dabei auch Immobilienverkäufe deutlich unter Wert, da man hierbei auch von einer teilweisen Schenkung spricht. Bei Schenkungen an den Ehepartner beginnt die Frist mit Auflösung der Ehe, meist also erst mit dem Tod. Bei Ergänzungsansprüchen sind oft auch Lebensversicherungen relevant.
Muss von einem vererbten Haus ein Wertgutachten erstellt werden, so ist der Erbe bzw. die Erbengemeinschaft verpflichtet, dieses auf eigene Kosten erstellen zu lassen. Die entstandenen Kosten können dann jedoch von dem Nachlass abgezogen werden, so dass sie auch die Höhe des Pflichtteils bzw. des Pflichtteilergänzungsanspruchs reduzieren.
11. Wie sieht mein Pflichtteilsanspruch aus, wenn ich das Erbe ausschlage?
Im Falle einer Erbausschlagung (z.B. bei ungünstigen Regelungen für Sie als Erbe), haben Sie grundsätzlich das Recht, den Pflichtteil zu erhalten. Dennoch gibt es hier Ausnahmen, über die Sie unser Erbrechtsexperte beraten kann.
12. Kann ich auf meinen Pflichtteil verzichten?
Beim sog. Pflichtteilsverzicht kann schon zu Lebzeiten des Erblassers auf den Pflichtteil verzichtet werden. Grundlage hierfür ist jedoch ein notarieller Vertrag. Die Höhe der Zahlung für den Verzicht kann ausgehandelt werden, orientiert sich jedoch an dem zu erwartenden Pflichtteil. Voraussetzung für den Verzicht ist, dass beide Seiten dazu bereit sind.
13. Was passiert, wenn der Erbe den Pflichtteil nicht bezahlt?
Sollte ein Erbe auf jegliche Kontaktaufnahmen bzw. Anschreiben nicht reagieren, geforderte Nachlassverzeichnisse oder Wertgutachten nicht vorlegen oder die Zahlung des Pflichtteils, warum auch immer, verweigern, kann der Pflichtteil eingeklagt werden. Damit die Anwalts- und Prozesskosten vom Erben eingefordert werden können, müssen jedoch zuvor angemessene Fristen gesetzt worden sein.
Unter gewissen Umständen kann der Erbe jedoch auch eine Stundung verlangen, wenn er z.B. sein eigenes Heim verkaufen müsste, um den Pflichtteilsanspruch erfüllen zu können. In all diesen Fällen ist es notwendig, unseren Erbrechtsspezialisten frühzeitig zu konsultieren, um unnötigen Ärger und finanzielle Verluste zu vermeiden.
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