Mietrecht

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Was passiert wenn die Wohnung zwangsversteigert worden ist? Hat der Erwerber gegenüber dem Mieter ein Sonderkündigungsrecht?

Sonderkündigungsrecht und Kündigungsschutz in der Zwangsversteigerung

 

1. Sonderkündigungsrecht und der Kündigungsschutz in der Zwangsversteigerung

In Deutschland werden immer häufiger Immobilien – aus welchem Grund auch immer – zwangsversteigert.

Im Zuge dessen kommt es sodann immer wieder auch zu Kündigungen des Mieters durch den Erwerber, der sich in diesen Fällen auf § 57a ZVG (Zwangsversteigerungsgesetz) beruft.

Dabei sind jedoch nicht allen Beteiligten immer die entsprechenden rechtlichen Voraussetzungen bewusst, so dass die Kündigung nicht immer wirksam sein muss.

 

2. Voraussetzungen des Sonderkündigungsrechts gemäß § 57a ZVG

Grundsätzlich besteht die Möglichkeit für den Erwerber der Immobilie im Zuge der Zwangsversteigerung gegenüber den Mietern eine Kündigung gemäß § 57a ZVG auszusprechen. Hierbei handelt es sich um ein sog. „Sonderkündigungsrecht“.

Der Wortlaut von § 57a ZVG lautet wie folgt:

„Der Ersteher ist berechtigt, das Miet- oder Pachtverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Frist zu kündigen. Die Kündigung ist ausgeschlossen, wenn sie nicht für den ersten Termin erfolgt, für den sie zulässig ist.“

Dies bedeutet im Klartext, dass der Ersteher als neuer Vermieter den Mietern zum ersten zulässigen Termin kündigen muss, sofern er sich auf sein Sonderkündigungsrecht nach § 57a ZVG berufen möchte.

 

3. Was bedeutet „der erste zulässige Termin“?

Der erste zulässige Termin berechnet sich von der Wirksamkeit des Zuschlages im Sinne des § 89 ZVG. Mit dem Zuschlag im Zwangsversteigerungstermin durch den Rechtspfleger wird der Ersteher nämlich Eigentümer und die Frist des Sonderkündigungsrechts beginnt zu laufen.

Bei Wohnraummietverhältnissen muss der Ersteher und neuer Eigentümer deshalb eine Kündigungsfrist spätestens am 3. Werktage eines Monats mit Ablauf des übernächsten Monats einhalten, da die gesetzliche Kündigungsfrist von Mietverhältnissen drei Monate beträgt (s. hierzu auch § 573d Abs. 2 BGB).

Dabei gilt jedoch zu berücksichtigen, dass dem Erwerber grundsätzlich Gelegenheit eingeräumt werden muss, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen, sich über Umstände zu informieren, die für oder gegen ein Verbleiben des Mieters sprechen, und die interne Willensbildung im Rahmen des üblichen Geschäftsbetriebes durchzuführen.

Dies gilt insbesondere dann, wenn der Zuschlag unmittelbar vor dem Beginn des rechnerisch ersten zulässigen Termins für die Ausübung des Sonderkündigungsrechts erfolgt.

  • Urteil des Oberlandesgerichts Düsseldorf AZ 10 U 66/02

So hatte nämlich das Oberlandesgericht Düsseldorf über eine Kündigung zu entscheiden, die der Mietpartei erst am 14.04. zugegangen war, obwohl der Zuschlag gemäß Zwangsversteigerung bereits am 26.03. erfolgt ist. Aufgrund der vorausgenannten Grundsätze hielt das Gericht hier die Kündigung für wirksam, da nicht nur die bloße theoretische Möglichkeit bestehen muss, um den ersten zulässigen Temin zur Ausübung des Sonderkündigungsrechts wahrzunehmen. Maßgebend ist vielmehr, ob dem Kläger die Ausübung des Rechts unter Beobachtung der erforderlichen Sorgfalt tatsächlich möglich ist.

So kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Ersteher die mietrechtliche Situation sofort und unmittelbar überblicken kann, so dass ihm grundsätzlich die Möglichkeit eingeräumt wird, die Sach- und Rechtslage zu überprüfen und sich über alle Umstände zu informieren, die für oder gegen die Fortführung des Mietverhältnisses mit dem Mieter sprechen.

Versäumt der Ersteher jedoch den Zeitpunkt, die Kündigung auszusprechen, das heißt den ersten zulässigen Termin, verliert er sein Sonderkündigungsrecht und kann nicht mehr wirksam gemäß § 57a ZVG das Mietverhältnis beenden.

 

4. Muss ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegen?

Grundsätzlich kann der Ersteher sich nicht nur einfach in seiner Kündigung auf § 57a ZVG berufen.

Vielmehr muss er auch ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses nach § 573 BGB darlegen und dies auch in seinem Kündigungsschreiben entsprechend begründen.

  • Urteil des Bundesgerichtshofes AZ ARZ 16/81

Hierzu veröffentlichte der Bundesgerichtshof unter Aktenzeichen VIII ARZ 16/81 ein Grundsatzurteil, in dem klar formuliert wurde, dass dem Mieter ein Kündigungsschutz zusteht und der Ersteher sein berechtigtes Interessen darlegen muss.

Dabei ist grundsätzlich in der Praxis als berechtigtes Interesse der Kündigungsgrund des „Eigenbedarfs“ zu sehen. Hierbei gilt es auch, besondere gesetzliche Voraussetzungen einzuhalten, so dass wir bezüglich der Voraussetzungen auf unseren Artikel zum Eigenbedarf verweisen.

Unterlässt der Ersteher gegenüber dem Mieter die Mitteilung für die Gründe seiner Kündigung, ist die Kündigung grundsätzlich als unwirksam anzusehen.

 

5. Unterliegt die Kündigung der Schriftform?

Ausschließlich die Kündigung in Wohnraummietverhältnissen unterliegt dem Schriftformerfordernis, so dass eine mündlich ausgesprochene Kündigung unwirksam ist.

Anders hiergegen jedoch in gewerblichen Mietverhältnissen, hier kann die Kündigung auch mündlich ausgesprochen werden, jedoch weisen wir hierbei darauf hin, aus Beweissicherungsgründen die Kündigung möglichst ebenfalls schriftlich gegenüber dem Mieter geltend zu machen.

 

Fazit:

Vor dem Hintergrund, dass häufig das einfache Sonderkündigungsrecht gemäß § 57a ZVG seitens der Erwerber und Ersteher im Zuge der Zwangsversteigerung vorgeschoben wird, sollte auf Seiten des Mieters genau auf die einzelnen Voraussetzungen und zeitliche Abfolge der Kündigung geachtet werden, da viele vorgeschobenen Kündigungen im Ergebnis unwirksam sein dürften. Sofern Sie zu diesem komplexen Thema noch Fragen haben, freuen wir uns über Ihre Kontaktaufnahme.

Gerne stehen wir Ihnen hier mit unseren Fachanwälten im Mietrecht zur Verfügung. Nutzen Sie hierzu das Kontaktformular unten auf dieser Seite.

 

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