Jeder Wohnungseigentümer kennt die alljährlichen Eigentümerversammlungen, welche häufig davon geprägt sind, dass sich jeder Eigentümer zu den in der Tagesordnung versehenen Beschlussanträgen äußern darf und zu jedem Antrag ein entsprechender Beschluss gefasst wird. Es ist daher auch wenig überraschend, dass viele dieser Versammlungen häufig in hitzigen und streitigen Auseinandersetzungen enden.
- Eine willkommene Alternative hierzu ist das sogenannte Beschlussumlaufverfahren.
Hierbei kann ohne Eigentümerversammlung ebenfalls ein wirksamer Beschluss, der sogenannte Umlaufbeschluss, herbeigeführt werden.
Grundvoraussetzung hierzu ist jedoch, dass alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu dem entsprechenden Beschlussantrag schriftlich erklären. Dies ist auch so in § 23 Abs. 3 WEG fest verankert. Dementsprechend bietet der Umlaufbeschluss vor allem eine realistische Alternative für kleinere und homogene Eigentümergemeinschaften.
Im Folgenden sollen die rechtlichen Voraussetzungen des sogenannten Umlaufverfahrens dargestellt werden, da diese unabdingbar eingehalten werden müssen, um einen wirksamen Beschluss für die Wohnungseigentümergemeinschaft herbeiführen zu können.
1. Wer darf das Umlaufverfahren einleiten?
Das Umlaufverfahren bzw. das schriftliche Beschlussverfahren kann grundsätzlich durch folgende Parteien beantragt werden:
- von der Verwaltung bzw. dem WEG-Verwalter,
- hierzu ermächtigter Eigentümer,
- dem Vorsitzenden des Verwaltungsbeirates oder dessen Vertreter.
Nach Änderung des WEG Gesetzes durch die WEG-Novelle in 2020 ist also nicht mehr jeder Eigentümer berechtigt einen Umlaufbeschluss zu beantragen.
Bezüglich der Einleitung dieses Umlaufverfahrens bestehen grundsätzlich zwei Möglichkeiten, welche man als das sogenannte Umlaufverfahren im weiteren bzw. im engeren Sinne bezeichnet:
- Umlaufverfahren im weiteren Sinne
Hier richtet einer der oben bereits zuvor genannten Personen ein Schreiben mit entsprechendem Beschlussantrag und idealerweise – nicht zwingend – mit entsprechender Begründung ein gesondertes Schreiben an jeden einzelnen Wohnungseigentümer mit der Bitte, zu dem Beschlussantrag im Schreiben seine Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung schriftlich zu erklären und das Schreiben entsprechend unterzeichnet an ihn zurückzuschicken.
- Umlaufverfahren im engeren Sinne
Hier erstellt eine der bereits oben genannten Personen ebenfalls ein Anschreiben mit entsprechendem Beschlussantrag und wie oben erwähnt idealerweise einer entsprechenden Begründung und verfügt dieses an den ersten Wohnungseigentümer mit der Bitte, nach entsprechender Zustimmung, Ablehnung oder Enthaltung zum Beschlussantrag dieses unterzeichnet an den nächsten Eigentümer weiterzureichen. Nach Abstimmung des letzten Eigentümers wird dieses sodann an den Initiator des Umlaufbeschlusses zurückgereicht.
2. Welcher Inhalt muss der Beschlussantrag enthalten?
Wie bereits erwähnt muss der Beschlussantrag schriftlich fixiert sein und idealerweise auch begründet.
Die Gerichte sind sich dahingehend einig, dass das Umlaufverfahren klar und eindeutig für die Mitglieder der Eigentümergemeinschaft ersichtlich sein muss, insbesondere, dass eine verbindliche Entscheidung über den darin enthaltenen Beschlussantrag und keine unverbindliche Meinungseinholung gewollt ist.
Fehlt es daher an der entsprechenden Transparenz und Klarheit des Beschlussantrages zur verbindlichen Entscheidung, entfaltet dieses Umlaufverfahren keine Rechtskraft und ist unwirksam.
Denn im Umlaufverfahren müssen alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zum entsprechenden Antrag schriftlich erklären. Dies ergibt sich aus § 23 Abs. 3, 2. Halbsatz WEG. Es genügt allerdings die Textform und nicht mehr – wie bisher – die Schriftform.
- Originalunterschrift nicht erforderlich – email, whatsapp, Fax oder SMS reicht aus
Dabei hat jeder Eigentümer bzw. jedes Mitglied der Eigentümergemeinschaft die Zustimmung nicht mehr durch eigene Unterschrift zu erklären.
Die Zustimmung kann also auch per Telefax, E-Mail oder SMS erklärt werden, da dies den entsprechenden Voraussetzungen mittlerweil entspricht.
Sofern die Wohnung im Eigentum von mehreren Personen besteht, müssen alle Miteigentümer ihre Zustimmung erklären oder der Unterzeichner sollte eine Originalvollmacht der anderen Miteigentümer beifügen. Diese Originalvollmacht sollte auch entsprechend dem Initiator des Umlaufverfahrens zugestellt und eingereicht werden.
- Allstimmigkeit im Vergleich zur Einstimmigkeit
Im Vergleich zum „klassischen“ Beschluss im Zuge einer Eigentümerversammlung kommt der Umlaufbeschluss nur wirksam zustande, sofern sämtliche Wohnungseigentümer, die im Grundbuch eingetragen sind, dem Antrag einstimmig zugestimmt haben.
Dabei darf auch nicht berücksichtigt werden, ob im Zuge einer Eigentümerversammlung über diesen Beschluss auch durch Mehrheitsbeschluss hätte entschieden werden können. Diese Tatsache spielt für das Umlaufverfahren keine Rolle, so dass noch einmal klar verdeutlicht werden muss, dass ein Umlaufbeschluss nur bei Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer zustande kommt.
Dies hat im Umkehrschluss zur Folge, dass der zu fasssende Umlaufbeschluss nicht wirksam zustande kommt, sofern auch nur ein Wohnungseigentümer diesem Beschluss nicht zustimmt oder sich seiner Stimme enthält.
Zur Stimmabgabe im Umlaufbeschluss sind auch die Eigentümer berechtigt, die eventuell aufgrund einer Interessenkollision vom Stimmrecht im Zuge einer Eigentümerversammlung ausgeschlossen wären. Es können daher im Umlaufverfahren keine Miteigentümer wegen einer eventuellen Interessenkollision von ihrem Stimmrecht ausgeschlossen werden. Sofern dies geschieht, ist der Beschluss ebenfalls unwirksam.
3. Vereinfachter Umlaufbeschluss nach WEG-Noelle 2020
Die Eigentümer können nach aktueller neuer Rechtslage (Dezember 2020) auch im Zuge einer Eigentümerversammlung beschließen, dass über einen bestimmten Gegenstand ein Umlaufbeschluss gefasst wird (sog. „Vorschaltbeschluss“). Dies hat den Vorteil, dass für diesen Umlaufbeschluss eine einfache Mehrheit reicht.
Ein derarter vereinfachter Umlaufbeschluss kommt dann z.B. in Betracht, wenn für eine geplante Baumaßnahme ein Vorbereitungsbeschluss gefasst ist und nur noch über die Auswahl der einzuholenden Angebote entschieden werden muss.
Die Mehrheit des Umlaufbeschlusses berechnet sich auf der Grundlage der im Umlaufbeschlussverfahren abgegebenen Stimmen, und zwar ohne Rücksicht auf die Anzahl der tatsächlich abgegebenen Stimmen, so dass die Beschlussfähigkeit in einem Umlaufbeschlussverfahren ebenfalls immer gegeben ist.
Wichtig ist jedoch auch zu wissen, dass ein Vorschaltbeschluss nur einmal für ein bestimmtes Thema angewendet werden darf. Verstöße hiergegen führen zur Anfechtbarkeit des Beschlusses.
4. Wann wird der Beschluss wirksam?
Der Umlaufbeschluss wird erst wirksam, sofern er festgestellt und das entsprechende Ergebnis des Umlaufbeschlusses allen Wohnungseigentümern gegenüber bekanntgegeben wird, so auch BGH 23.08.2001, Aktenzeichen V ZB 10/01.
Wie auch in den grundsätzlichen Eigentümerversammlungen erfolgt regelmäßig und erfahrungsgemäß die Bekanntgabe des Beschlusses durch den Verwalter und kann zum Beispiel durch Rundschreiben an alle Eigentümer oder Aushang im Treppenflur erfolgen.
- Widerrufsmöglichkeit bzw. Beschlussanfechtung
Bezüglich der Wirksamkeit durch Bekanntgabe ist noch wichtig zu erwähnen, dass jeder Eigentümer bis zur entsprechenden Bekanntgabe die Möglichkeit hat, seine Zustimmung zu widerrufen. Sofern dies der Fall ist, tritt selbst nach allstimmiger ursprünglicher Zustimmung durch den entsprechenden Widerruf die Unwirksamkeit des Umlaufbeschlusses ein.
Darüber hinaus besteht auch selbstredend die Möglichkeit, den Umlaufbeschluss wie auch Beschlüsse, die im Zuge der Eigentümerversammlung beschlossen worden sind, anzufechten.
Maßgeblicher Zeitpunkt für den Beginn der einmonatigen Anfechtungsfrist nach § 46 Abs. 1 WEG ist der Tag, an dem den Wohnungseigentümer das Ergebnis des schriftlich gefassten Beschlusses bekanntgegeben wird (vgl. hierzu auch unseren Artikel „Beschlussanfechtung“, welchen Sie hier finden).
Abschließend möchten wir noch einmal darauf hinweisen, dass grundsätzlich das Umlaufverfahren insbesondere für kleinere Eigentümergemeinschaften ein durchaus probates Mittel ist, schnelle Entscheidungen ohne aufwendige Eigentümerversammlung herbeizuführen.
Dabei zeigt sich in der Praxis, dass gerade zum Thema der Verwalterabberufung das Umlaufverfahren eine äußerst elegante Möglichkeit bietet, hier einen wirksamen und vor allem schnellen Beschluss zu fassen.
Denn leider berichten uns Wohnungseigentümer immer wieder, dass ein Verwalter regelmäßig untätig bleibt eine Eigentümerversammlung einzuberufen, in welcher im Zuge eines Beschlusses über seine Abberufung entschieden werden soll. In derartigen Fällen bietet das Umlaufverfahren insbesondere eine schnelle Lösung mit der gleichen rechtlich wirksamen Durchschlagskraft wie die eines Beschlusses im Zuge einer Eigentümerversammlung.
Sollten Sie noch Fragen zu diesem Thema haben oder bei der Ausarbeitung eines entsprechenden Umlaufbeschlusses Hilfestellung benötigen, stehen wir Ihnen selbstverständlich mit unseren Fachanwälten für Miet- und Wohnungseigentumsrecht zur Seite und würden uns über Ihre Kontaktaufnahme freuen.
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