Arbeitsrecht

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Verfahrensrechtliche Besonderheiten bei Kündigung eines Auszubildenden – das sogenannte Schlichtungsverfahren.

Wir beraten Sie bei der Kündigung im Ausbildungsverhältnis

Ihr Arbeitgeber hat Ihr Ausbildungsverhältnis gekündigt oder Sie möchten einen Auszubildenden kündigen? Sie wissen nicht, ob dies möglich ist und welche verfahrensrechtlichen Voraussetzungen eingehalten werden müssen?

Bei Streitigkeiten zwischen dem Ausbildungsunternehmen und dem Auszubildenden bei einem bestehenden Berufsausbildungsverhältnis sind bei der gerichtlichen Überprüfung bezüglich der Wirksamkeit der Kündigung besondere verfahrensrechtliche Voraussetzungen zu berücksichtigen.

Das Schlichtungsverfahren

1. Die Voraussetzungen der Schlichtung

Sofern es im Zuge eines bestehenden Berufsausbildungsverhältnisses zu einer Kündigung des Auszubildenden kommen sollte, muss vor der gerichtlichen Geltendmachung gemäß § 111 ArbGG ein Verfahren vor einem aus dem Arbeitgeber und Arbeitnehmer paritätisch zusammengesetzten Ausschuss zwingend vorgeschaltet werden.

Dieser Ausschuss wird im Regelfall von der zuständigen Kammer oder Innung – zum Beispiel der Industrie- und Handelskammer – gebildet.

Eine entsprechende Klage, die vor Durchführung des Verfahrens vor der Anhörung und Auseinandersetzung vor dem oben genannten Ausschuss erhoben wird, ist unzulässig.

Gemäß § 111 Abs. 2 S. 5 ArbGG ist eine derartige Verhandlung vor dem Schlichtungsausschuss vorgeschriebene und unverzichtbare Prozessvoraussetzung (BAG 13.04.1989, DB 90, S. 586). Zwar kann eine „Anrufung“ des Ausschusses nicht erforderlich sein, wenn das Ausbildungsverhältnis bereits beendet ist, wohl aber, wenn gerade Streitgegenstand die Frage ist, ob eine wirksame Beendigung des Ausbildungsverhältnisses vorliegt. Die Zuständigkeit für das Arbeitsgericht besteht im Übrigen auch für Auszubildende, die statt einer Ausbildungsvergütung zum Beispiel von der Agentur für Arbeit Leistungen nach dem SGB III erhalten.

 

2. Anhörung des Ausschusses

Bezüglich des Schlichtungsverfahrens ist gesetzlich gemäß § 111 Abs. 2 S. 2 ArbGG lediglich vorgesehen, dass die Parteien entsprechend mündlich anzuhören sind. Dabei ist der Ausschuss bezüglich der Gestaltung des Verfahrens selbstentscheidend und an keine gesetzlich zwingenden Voraussetzungen gebunden.

Nach Anhörung aller Parteien entscheidet der Ausschuss durch sogenannten „Spruch“, welcher für beide Parteien verbindlich wird, wenn er von den Parteien innerhalb einer Woche anerkannt oder nicht innerhalb von zwei Wochen nach ergangenem Spruch Klage beim zuständigen Arbeitsgericht erhoben wird. Wichtig ist hierbei, dass die oben beschriebene Zwei-Wochen-Frist für die Klageerhebung auch für das Kündigungsschutzverfahren gilt, so dass sich bei einer fristlosen Kündigung des Auszubildenden dieser nicht auf die grundsätzlich in § 4, 13 KSchG vorgesehene Drei-Wochen-Frist berufen kann.

Grundsätzlich gilt für die Einleitung des Verfahrens vor dem Schlichtungsausschuss keine Frist, sondern nur die Grenze der Verwirkung, mit der Folge, dass allein die Versäumung der Drei-Wochen-Frist des § 4 KSchG für die Verwirkung nicht bereits ausreichen soll.

Sofern kein Ausschuss bestehen sollte, so hat der Auszubildende im Falle der fristlosen Kündigung seitens des Ausbildenden gemäß § 22 Abs. 2 Nr. 1 BBiG die Klagefrist nach den oben genannten §§ 4, 13 KSchG einzuhalten, um eine fiktive Wirksamkeit der Kündigung zu vermeiden.

Dabei erstreckt sich die Zuständigkeit der Arbeitsgerichte auch auf Beschäftigte in den berufsbildenden Schulen und sonstigen Berufsbildungseinrichtungen.

 

3. Anhörung bzw. Beteiligung des Betriebsrates/Jugend- und Auszubildendenvertretung

Der Betriebsrat bzw. die Jugend- und Auszubildendenvertreter sind gemäß § 99 ff. BetrVG grundsätzlich vor jeder Einstellung und Kündigung von Auszubildenden zu beteiligen, selbst wenn das Ausbildungsverhältnis durch Vertrag oder in Folge von Weiterbeschäftigung in ein Arbeitsverhältnis überführt wird.

Eine Ausnahme hiervon besteht jedoch, sofern der Auszubildende in einem reinen Ausbildungsbetrieb beschäftigt wird – hier scheidet nach Auffassung des BAG eine Beteiligung des Betriebsrates grundsätzlich aus, da nach rechtlicher Auffassung die Auszubildenden in derartigen reinen Ausbildungsbetrieben nicht zur Belegschaft und damit nicht zu den Arbeitnehmern im Sinne des § 5 Abs. 1 BetrVG zählen.

 

4. Besonderer Schutz Auszubildender als Mitglied von Betriebsverfassungsorganen

Zwar endet das Ausbildungsverhältnis grundsätzlich gemäß § 21 BBiG mit Ablauf der Ausbildungszeit, ohne dass es einer Kündigung bedarf, so dass es dem Arbeitgeber freisteht, ob er einen Auszubildenden nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses übernimmt oder nicht.

Hiervon ausgeschlossen sind jedoch Auszubildende, die Mitglied der Jugend- und Auszubildendenvertretung, des Betriebsrates, der Bordvertretung oder des Seebetriebsrates sind.

Für den Beginn des Schutzes nach § 78a BetrVG ist nicht auf den Beginn der Amtszeit, sondern ausschließlich auf den Erwerb der Mitgliedschaft abzustellen, so auch Bundesarbeitsgericht vom 22.09.1983, DB 84, S. 936.

Dies hat zur Folge, dass die oben genannten Auszubildenden einen besonderen Schutz genießen.

Beabsichtigt daher der Arbeitgeber, einen dieser geschützten Auszubildenden nach Beendigung des Berufsausbildungsverhältnisses nicht in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis auf unbestimmte Zeit zu übernehmen, so muss dies gemäß § 78a Abs. 1 BetrVG spätestens drei Monate vor dem normalen Ende des Berufsausbildungsverhältnisses dem Auszubildenden schriftlich mitgeteilt werden. Bei Unterlassung dieser Mitteilung führt die zwar nicht unweigerlich zur Begründung eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses, vielmehr muss der Auszubildende in jedem Fall seine Weiterbeschäftigung verlangen. Sofern der Arbeitgeber aufgrund verspäteter Mitteilung ein weiteres Arbeitsverhältnis ausschlägt, so kann er sich unter Umständen schadensersatzpflichtig machen.

 

5. Die Voraussetzungen des Weiterbeschäftigungsanspruches des Auszubildenden

Wie bereits oben dargestellt, muss der Auszubildende im Falle seiner „schützenden“ Mitgliedschaft in einem Betriebsverfassungsorgan seinen Anspruch auf Weiterbeschäftigung entsprechend geltend machen.

Dazu hat er gemäß § 78a Abs. 2 S. 1 BetrVG dies seinerseits innerhalb der letzten drei Monate vor der vertraglichen Beendigung des Ausbildungsverhältnisses schriftlich vor dem Arbeitsgericht zu verlangen, selbst wenn der Arbeitgeber seine Mitteilungspflicht versäumt hat.

Mit der Ausübung dieses gesetzlichen Gestaltungsrechtes gilt sodann die gesetzliche Fiktion eines Arbeitsverhältnisses auf unbestimmte Zeit als begründet.

Sofern der Auszubildende vor den letzten drei Monaten seine Weiterbeschäftigung verlangt, so ist dies unwirksam, kann jedoch innerhalb der Drei-Monats-Frist entsprechend vor dem zuständigen Arbeitsgericht wiederholt werden.

Kraft Gesetzes kann ein befristetes Arbeitsverhältnis nicht begründet werden, es sei denn, hierüber wurde eine vertragliche Vereinbarung zwischen den Parteien geschlossen.

Eine pauschale Ablehnung der Weiterbeschäftigung durch den Arbeitgeber ist unzulässig, denn der Arbeitgeber hat eine anderweitige Beschäftigung des Auszubildenden zu prüfen. Dabei kann das Arbeitsgericht auch eine entsprechende anderweitige Beschäftigung des Auszubildenden ebenfalls unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit prüfen.

Sofern der Arbeitgeber nach entsprechender Prüfung zu Unrecht die Möglichkeit einer Weiterbeschäftigung verneint, so kann das Arbeitsverhältnis nicht nach § 78a Abs. 2 BetrVG aufgelöst werden.

 

6. Besonderheiten zur Entbindung der Weiterbeschäftigungspflicht

Sofern der Auszubildende wirksam seine Weiterbeschäftigung gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht hat, so kann dieser spätestens bis zum Ablauf von zwei Wochen nach Beendigung des Ausbildungsverhältnisses beim Arbeitsgericht entsprechend gerichtlich feststellen zu lassen, dass ein Arbeitsverhältnis nicht gemäß § 78a Abs. 3 BetrVG begründet wurde. Optional kann er auch feststellen lassen, dass ein bereits begründetes Arbeitsverhältnis aufzulösen ist. Dabei muss der Arbeitgeber Tatsachen vortragen, aufgrund welcher ihm unter Berücksichtigung aller Umstände die Weiterbeschäftigung des Auszubildenden nicht zugemutet werden kann.

Die Unzumutbarkeit des Beschäftigten kann sich zum Beispiel ergeben

  • in der Person des Auszubildenden,
  • wiederholtem Nichtbestehen der Abschlussprüfung,
  • persönlicher Geeignetheit des Auszubildenden

Ein pauschal schlechteres Abschneiden bei der Abschlussprüfung im Vergleich zu anderen Ausgebildeten reicht hingegen nach aktueller Rechtsprechung nicht aus.

Auch dringende betriebliche Gründe können bei einer Entbindung von der Weiterbeschäftigungspflicht nur ausnahmsweise greifen.

Dies mag der Fall sein, wenn zum Zeitpunkt der Übernahme zum Beispiel keine freien Arbeitsplätze vorhanden sind. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass nicht nur freie Arbeitsplätze im einzelnen Betrieb zu berücksichtigen sind, sondern im gesamten Unternehmen.

Aus unserer Erfahrung als Fachanwälte für Arbeitsrecht müssen wir immer wieder feststellen, dass hier insbesondere auf Seiten des Arbeitgebers in derartigen Verfahren viele Fehler begangen werden, welche im Nachgang zu einem teilweise ungewollten unbefristeten Arbeitsverhältnis des ehemals Auszubildenden führt.

Auch auf Seiten der Auszubildenden bringen die vorangestellten verfahrensrechtlichen Besonderheiten einfache Möglichkeiten, nach einer Ausbildung in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis übernommen zu werden. Sollten Sie daher Fragen oder eine Überprüfung und Anregung zur entsprechenden Vorgehensweise haben, freuen wir uns auf eine gemeinsame Erörterung Ihres Problems. Hierzu stehen wir Ihnen gerne mit unseren Fachanwälten für Arbeitsrecht zur Verfügung.

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