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Die betriebsbedingte Kündigung – Viele rechtliche Hürden! Lohnt die Kündigungsschutzklage? Wir helfen weiter!

Bei den Kündigungsgründen wird gemäß § 1 Absatz 2 Satz 1 KSchG (Kündigungsschutzgesetz) zwischen personenbedingtenverhaltensbedingten und betriebsbedingten Gründen unterschieden. Die betriebsbedingten Gründe liegen in der Sphäre des Arbeitgebers, während die personenbedingten und verhaltensbedingten Gründe in der Sphäre des Arbeitnehmers liegen. Die folgenden Punkte sind bei einer betriebsbedingten Kündigung relevant.

 

1. Außerbetrieblicher Grund für die Kündigung

Eine betriebsbedingte Kündigung setzt zunächst einen betriebsbedingten Kündigungsgrund voraus.

Ein solcher kann sich aus außerbetrieblichen Umständen oder aus innerbetrieblichen Umständen ergeben. Zu beachten ist bei der betriebsbedingten Kündigung, dass es nicht auf die finanzielle Situation des Unternehmens ankommt, sondern auf die Frage des Wegfalls von Beschäftigungsbedarf. Die Unterscheidung zwischen außerbetrieblichen und innerbetrieblichen Umständen ist ganz wesentlich für die Frage der Erfolgsaussichten und Risiken von Arbeitnehmern und Arbeitgebern im Kündigungsschutzprozess.

Beruft sich ein Arbeitgeber z. B. auf einen Auftragsmangel oder einen Umsatzrückgang, handelt es sich um außerbetriebliche Umstände. Im Kündigungsschutzverfahren muss der Arbeitgeber zunächst darlegen, wie sich Aufträge und Umsatz entwickelt haben. Bereits das kann einen erheblichen Aufwand erfordern.

In einem weiteren Schritt muss der Arbeitgeber darlegen, inwieweit Auftragsmangel bzw. Umsatzrückgang Auswirkungen auf den Beschäftigungsbedarf haben. Die Darlegung des Arbeitgebers, Auftragsmangel bzw. Umsatzrückgang hätten dazu geführt, dass der Beschäftigungsbedarf für eine konkret zu bestimmende Anzahl von Arbeitnehmern entfallen sei, kann nicht nur sehr aufwändig, sondern zudem äußerst schwierig sein. Gelingt dies nicht, scheitert die betriebsbedingte Kündigung und das Arbeitsgericht würde dem Kündigungsschutzantrag eines Arbeitnehmers stattgeben. Gut beratene Arbeitgeber berufen sich deshalb im Kündigungsschutzprozess in der Regel nie auf außerbetriebliche Umstände.

 

2. Innerbetrieblicher Grund für die Kündigung

Beruft sich ein Arbeitgeber auf eine Rationalisierungsmaßnahme oder die Einstellung bzw. Einschränkung der Produktion, handelt es sich um innerbetriebliche Umstände. Die Darlegung innerbetrieblicher Umstände ist für den Arbeitgeber wesentlich leichter als die Darlegung außerbetrieblicher Umstände. Bei der Einstellung der Produktion ist z. B. darzulegen, ab welchem Datum keine neuen Aufträge mehr entgegen genommen und nur noch bestehende Aufträge abgearbeitet werden.

 

3. Unternehmerische Entscheidung und deren Umsetzung

Die Arbeitsgerichte überprüfen zunächst, ob eine Unternehmerentscheidung, bei deren Umsetzung es zum Wegfall von Arbeitsplätzen kommt, überhaupt vorliegt. Der Arbeitgeber ist insoweit darlegungs- und beweisbelastet. Tatsächlich kommt es immer wieder vor, dass Arbeitgeber im Prozess nicht in der Lage sind darzulegen, wann eine Unternehmerentscheidung und mit welchem Inhalt getroffen worden ist. Bestreitet der Arbeitnehmer im Prozess das Vorliegen einer Unternehmerentscheidung, muss der Arbeitgeber für das Vorhandensein der Unternehmerentscheidung zudem Beweis anbieten. Das wird auf Arbeitgeberseite bei der Vorbereitung einer betriebsbedingten Kündigung häufig nicht beachtet.

Problematisch kann es ferner für den Arbeitgeber sein, wenn der Verdacht besteht, dass sich die unternehmerische Entscheidung tatsächlich auf den davon zu unterscheidenden Kündigungsentschluss reduziert. Je näher die eigentliche Organisationsentscheidung an den Kündigungsentschluss rückt, umso mehr muss der Arbeitgeber durch Tatsachenvortrag verdeutlichen, dass ein Beschäftigungsbedürfnis für den Arbeitnehmer entfallen ist.

Im Übrigen ist die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers durch den Arbeitnehmer nur sehr schwer angreifbar. Der Arbeitnehmer muss darlegen können, dass die Unternehmerentscheidung offensichtlich unsachlich, unvernünftig oder willkürlich ist. Das wird nur in seltenen Ausnahmefällen möglich sein.

Bei außerbetrieblichen Gründen spricht man von einer selbstbindenden Unternehmerentscheidung, weil hier der Arbeitgeber gehalten ist, Arbeitsplätze genau in dem Umfang abzubauen, wie es die außerbetrieblichen Ursachen erfordern.

Bei innerbetrieblichen Gründen spricht man von einer gestaltenden Unternehmerentscheidung , die vom Arbeitsgericht nicht auf ihre sachliche Rechtfertigung oder Zweckmäßigkeit überprüft werden kann.

Entschließt sich der Arbeitgeber, bisher von Arbeitnehmern ausgeführte Tätigkeiten in Zukunft nicht mehr durch Arbeitnehmer, sondern durch selbstständige Unternehmer ausführen zu lassen, handelt es sich um eine gestaltende Unternehmerentscheidung. In dem Umfang, wie der Arbeitgeber in Zukunft die Arbeiten durch selbstständige Unternehmer ausführen lässt, entfällt das Beschäftigungsbedürfnis für Arbeitnehmer. Es liegt insoweit ein Grund für eine betriebsbedingte Kündigung vor.

Bei innerbetrieblichen Gründen muss der Arbeitgeber im Prozess dennoch im Einzelnen darlegen, welche organisatorischen und technischen Maßnahmen er angeordnet hat. Der Vortrag muss die organisatorische Durchführbarkeit verdeutlichen und klarstellen, dass die Maßnahmen auf Dauer angelegt sind. Der Arbeitgeber muss weiterhin darlegen, wie sich diese Maßnahmen auf die Beschäftigungsmöglichkeit im Hinblick auf den gekündigten Mitarbeiter auswirken. Dabei muss der Vortrag des Arbeitgebers deutlich erkennen lassen, dass das Beschäftigungsbedürfnis wegfällt.

 

4. Keine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit

Nach dem Kündigungsschutzgesetz müssen für die betriebsbedingte Kündigung dringende betriebliche Erfordernisse gegeben sein. Diese sind nicht gegeben, wenn es eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit gibt.

Der Arbeitgeber ist zwar nicht verpflichtet, einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen. Er hat aber zu prüfen, ob ein freier gleichwertiger oder ungleichwertiger Arbeitsplatz nicht nur im betroffenen Betrieb, sondern im gesamten Unternehmen – und in besonders gelagerten Fällen auch bei anderen Konzernunternehmen – vorhanden ist. Gegebenenfalls muss dem Arbeitnehmer seitens des Arbeitgebers auch ein mit schlechteren Arbeitsbedingungen vorhandener Arbeitsplatz angeboten werden. In solchen Fällen ist stets zu prüfen, ob statt einer Beendigungskündigung eine weniger einschneidende Änderungskündigung auszusprechen ist. Denn eine Beendigungskündigung darf immer nur das letzte Mittel (“Ultima Ratio”) sein.

Werden in dem Unternehmen auf bestimmten Arbeitsplätzen Leiharbeitskräfte beschäftigt, sind deren Arbeitsplätze gegebenenfalls als anzubietende freie Arbeitsplätze anzusehen. Denn Leiharbeitskräfte stehen nicht mit dem Entleiher, sondern mit dem Verleiher in einem Arbeitsverhältnis. Dies gilt jedenfalls dann, wenn bestimmte Arbeitsplätze nicht zur Vertretung oder Abdeckung von Auftragsspitzen, sondern dauerhaft mit Leiharbeitnehmern besetzt sind. Der Vertrag mit dem Verleiher wäre dann zu kündigen und der bisher von dem Leiharbeitnehmer besetzte Arbeitsplatz als Alternative zur Kündigung dem in Betracht kommenden eigenen Mitarbeiter anzubieten.

Letztlich sind dringende betriebliche Erfordernisse zu verneinen, wenn der Arbeitgeber auf die betriebliche Situation nicht nur mit einer Kündigung, sondern auch durch andere Maßnahmen technischer, organisatorischer oder wirtschaftlicher Art reagieren kann. Der Arbeitgeber hat also darzulegen, dass die betriebsbedingte Kündigung unvermeidbar war.

 

5. Sozialauswahl

Trotz Vorliegens dringender betrieblicher Gründe ist eine betriebsbedingte Kündigung unwirksam, wenn der Arbeitgeber bei der Auswahl des zu entlassenden Arbeitnehmers die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die ggf. vorhandene Schwerbehinderung des Arbeitnehmers nicht oder nicht ausreichend berücksichtigt hat (§ 1 Absatz 3 KSchG). Der Arbeitgeber muss anhand der obigen Kriterien prüfen, welchem von ggf. mehreren in Betracht kommenden Arbeitnehmern zu kündigen ist. Diese Vorgabe des Kündigungsschutzgesetzes zur Auswahl des zu kündigenden Arbeitnehmers bezeichnet man als soziale Auswahl.

Diese erfolgt in drei Schritten:

5.1.

Zunächst ist in einem ersten Schritt die Gruppe der Arbeitnehmer zu bestimmen, unter denen dann später die soziale Auswahl nach den oben genannten Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung vorzunehmen ist. In diese Vergleichsgruppe einzubeziehen sind Arbeitnehmer mit vergleichbaren Arbeitsplätzen und demselben Rang.

Die Bildung der richtigen Vergleichsgruppe kann im Einzelfall schwierig sein. Nicht in die Vergleichsgruppe einzubeziehen sind Arbeitnehmer, denen ein Sonderkündigungsschutz zugute kommt. Dazu zählen z. B. Schwerbehinderte, Schwangere, sich in Elternzeit befindende Arbeitnehmer und Betriebsräte.

Bei Schwerbehinderten, Schwangeren und sich Arbeitnehmern in Elternzeit hat der Arbeitgeber jedoch die Möglichkeit, behördliche Genehmigungen einzuholen. Nach Erteilung der Genehmigung sind diese Arbeitnehmer ebenfalls in die Vergleichsgruppe einzubeziehen. Bei Schwerbehinderten ist nach der gesetzlichen Vorgabe das Kriterium der Schwerbehinderung dann zusätzlich zu berücksichtigen. Arbeitnehmer, für die der allgemeine Kündigungsschutz noch nicht gilt, sind nicht in die Vergleichsgruppe einzubeziehen. Die Arbeitsverhältnisse dieser Mitarbeiter sind vielmehr zuerst zu kündigen. Die soziale Auswahl erfolgt nicht unternehmens-, sondern betriebsbezogen. Mitarbeiter anderer Betriebe des Unternehmen sind nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen.

Vergleichbarkeit bedeutet darüber hinaus in vertraglicher Hinsicht Austauschbarkeit der Arbeitnehmer aufgrund des Direktionsrechtes des Arbeitgebers. Vergleichbarkeit ist nicht gegeben, wenn der Arbeitgeber den Austausch nicht aufgrund seines Direktionsrechtes vornehmen könnte, sondern eine Änderungskündigung aussprechen müsste. Eine Vergleichbarkeit kann grundsätzlich nicht dadurch herbeigeführt werden, dass der Arbeitsvertrag eines von einem betrieblichen Ereignis betroffenen Arbeitnehmers erst anlässlich dieses Ereignisses einvernehmlich oder durch eine Änderungskündigung entsprechend abgeändert wird.

Ob bei gleicher Tätigkeit Teilzeitkräfte mit Vollzeitkräften vergleichbar sind, hängt davon ab, ob der Arbeitgeber aufgrund einer Organisationsentscheidung für bestimmte Tätigkeiten Voll- bzw. Teilzeitkräfte vorgesehen hat. Die Organisationsentscheidung darf nicht offensichtlich unsachlich, willkürlich oder unvernünftig sein. Das Gleiche gilt für den Vergleich von Teilzeitkräften mit unterschiedlichen Arbeitszeiten untereinander.

Damit bei Massenkündigungen im Rahmen der Sozialauswahl durch Kündigung nur der jüngeren Mitarbeiter keine Überalterung des Betriebs stattfindet, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, zunächst Altersgruppen zu bilden und anschließend innerhalb der Altersgruppen die Sozialauswahl nach den übrigen Kriterien Betriebszugehörigkeit, Unterhaltspflichten und ggf. Schwerbehinderung durchzuführen. Damit wird die Bevorzugung älterer Arbeitnehmer bei der Sozialauswahl relativiert. Dies bedeutet keinen Verstoß gegen das Verbot der Altersdiskriminierung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz.

5.2.

In einem zweiten Schritt muss der Arbeitgeber die Auswahlentscheidung anhand der gesetzlich vorgegebenen Kriterien Betriebszugehörigkeit, Lebensalter, Unterhaltspflichten und Schwerbehinderung treffen. Dem Arbeitgeber steht bei der Gewichtung der Kriterien ein gewisser Spielraum zu, was Auswirkung darauf haben kann, welchem Mitarbeiter zu kündigen ist. Die Auswahlentscheidung muss jedoch nachvollziehbar und vertretbar sein.

Hat der Arbeitgeber mehreren Arbeitnehmern aus betriebsbedingten Gründen gekündigt, jedoch nicht einem vergleichbaren Arbeitnehmer, der sozial weniger schutzwürdig war, konnten sich nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts alle gekündigten Arbeitnehmer auf diesen Auswahlfehler berufen (sog. Domino-Theorie). Von dieser Rechtsprechung ist das Bundesarbeitsgericht abgerückt. Hätte der Arbeitnehmer auch bei richtiger Festlegung der sozialen Rangfolge durch den Arbeitgeber zur Kündigung angestanden, so ist die Kündigung nicht wegen fehlerhafter Sozialauswahl unwirksam, weil der Fehler für die Auswahl des gekündigten Arbeitnehmers nicht ursächlich geworden ist. In diesen Fällen ist die Sozialauswahl jedenfalls im Ergebnis ausreichend.

5.3.

In einem dritten und letzten Schritt ist zu prüfen, ob bestimmte Arbeitnehmer nicht in die soziale Auswahl einzubeziehen sind, weil deren Weiterbeschäftigung, insbesondere wegen ihrer Kenntnisse, Fähigkeiten und Leistungen oder zur Sicherung einer ausgewogenen Personalstruktur des Betriebes, im berechtigten betrieblichen Interesse liegt. Die Erforderlichkeit der Weiterbeschäftigung bestimmter Arbeitnehmer muss zwar nicht dringlich sein. Es ist seitens des Arbeitgebers jedoch nachvollziehbar zu begründen, weshalb das betriebliche Interesse “berechtigt” ist und damit der Schutzbedürftigkeit der von der Entscheidung betroffenen Arbeitnehmer vorgeht.

 

Fazit:

Wie oben aufgezeigt, müssen viele rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein, um eine wirksame betriebsbedingte Kündigung auszusprechen. Daher raten wir allen Beteiligten, also sowohl Arbeitgeber als auch Arbeitnehmern, sich unbedingt rechtlich durch einen Fachanwalt im Arbeitsrecht beraten zu lassen, sollte es zu einer betriebsbedingten Kündigung kommen.  Sollten Sie also entsprechende Fragen zu einer betriebsbedingten Kündigung haben, freuen wir uns von Ihnen zu hören.

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