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Arbeitsunfähigkeit: Rechte und Pflichten für Arbeitnehmer und Arbeitgeber

Arbeitsunfähigkeit kann jeden treffen, sei es durch Krankheit, Unfall oder andere gesundheitliche Beeinträchtigungen. Sowohl Arbeitnehmer als auch Arbeitgeber stehen in solchen Fällen vor rechtlichen und organisatorischen Herausforderungen. Dieser Artikel beleuchtet die wichtigsten Aspekte der Arbeitsunfähigkeit, die gesetzlichen Regelungen und die daraus resultierenden Rechte und Pflichten beider Parteien.


1. Was bedeutet Arbeitsunfähigkeit?

Arbeitsunfähigkeit liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage ist, seine arbeitsvertraglich geschuldete Tätigkeit auszuführen. Die Ursachen können vielfältig sein, darunter:

  • Krankheiten (z. B. Grippe, Burnout, chronische Erkrankungen)
  • Unfälle (Arbeits- oder Freizeitunfälle)
  • Psychische Belastungen (Depressionen, Angststörungen)

Die Arbeitsunfähigkeit wird in der Regel durch eine ärztliche Bescheinigung, die sogenannte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (AU), nachgewiesen.


2. Rechte und Pflichten des Arbeitnehmers

2.1. Anzeige- und Nachweispflicht

Der Arbeitnehmer ist gesetzlich verpflichtet, den Arbeitgeber unverzüglich über die Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtliche Dauer zu informieren (§ 5 Entgeltfortzahlungsgesetz – EFZG).

Wichtig:

  • Die Mitteilung kann telefonisch, per E-Mail oder durch Dritte erfolgen.
  • Spätestens am vierten Kalendertag der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitnehmer eine ärztliche Bescheinigung vorlegen, es sei denn, der Arbeitgeber verlangt diese früher.

2.2. Pflicht zur Genesung

Während der Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitnehmer alles unterlassen, was seine Genesung verzögern könnte. Verstöße, wie z. B. anstrengende Reisen oder sportliche Aktivitäten, können zu arbeitsrechtlichen Konsequenzen führen.

2.3. Schutz vor Kündigung

Krankheit schützt nicht pauschal vor Kündigung, doch eine Kündigung aufgrund von Krankheit ist nur unter strengen Voraussetzungen möglich (personenbedingte Kündigung). Arbeitgeber müssen hier die Interessen des Betriebes gegen die des Arbeitnehmers abwägen.


3. Rechte und Pflichten des Arbeitgebers

3.1. Entgeltfortzahlungspflicht

Arbeitgeber sind verpflichtet, dem Arbeitnehmer bis zu sechs Wochen lang den vollen Lohn weiterzuzahlen, wenn die Arbeitsunfähigkeit nicht selbstverschuldet ist (§ 3 EFZG).

Ausnahmen:

  • Wiederholungserkrankung: Die gleiche Krankheit muss für einen neuen Anspruch mindestens sechs Monate unterbrochen sein.
  • Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit: Beispielweise nach einem Unfall infolge von Alkoholmissbrauch.

3.2. Datenschutz und Diskretion

Der Arbeitgeber darf keine Details über die Krankheit des Arbeitnehmers verlangen oder diese speichern. Datenschutzrechtlich ist lediglich die Dauer der Arbeitsunfähigkeit relevant.

3.3. Präventionspflicht

Arbeitgeber sind nach dem Arbeitsschutzgesetz verpflichtet, Maßnahmen zur Gesundheitserhaltung der Belegschaft zu ergreifen. Dazu zählen regelmäßige Gefährdungsbeurteilungen oder das Angebot eines Betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM).


4. Besondere Regelungen bei Arbeitsunfähigkeit

4.1. Arbeitsunfähigkeit im Ausland

Ist ein Arbeitnehmer im Ausland erkrankt, gelten zusätzliche Meldepflichten:

  • Der Arbeitnehmer muss den Arbeitgeber unverzüglich über den Aufenthaltsort und die Dauer der Erkrankung informieren.
  • Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung muss so schnell wie möglich übermittelt werden.

4.2. Arbeitsunfähigkeit während der Probezeit

Auch während der Probezeit besteht grundsätzlich Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Eine Kündigung ist jedoch in der Probezeit leichter durchzusetzen, da kein Kündigungsschutz nach dem Kündigungsschutzgesetz besteht.


5. Krankengeld und weitere Leistungen

5.1. Krankengeld nach 6 Wochen

Nach Ablauf der Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber zahlt die Krankenkasse Krankengeld. Dieses beträgt in der Regel 70 % des Bruttoverdienstes, jedoch maximal 90 % des Nettogehalts.

Wichtig: Der Anspruch auf Krankengeld besteht für maximal 78 Wochen innerhalb von drei Jahren für dieselbe Krankheit.

5.2. Unfall- oder Berufskrankheit

Liegt eine Arbeitsunfähigkeit aufgrund eines Arbeitsunfalls oder einer Berufskrankheit vor, zahlt die Berufsgenossenschaft Verletztengeld statt der Krankenkasse.


6. Rückkehr in den Arbeitsalltag: Das Betriebliche Eingliederungsmanagement (BEM)

Nach längerer Arbeitsunfähigkeit von mehr als sechs Wochen innerhalb eines Jahres ist der Arbeitgeber verpflichtet, ein BEM anzubieten (§ 167 Abs. 2 SGB IX).

Ziele:

  • Erhalt des Arbeitsplatzes
  • Vermeidung erneuter Arbeitsunfähigkeit
  • Unterstützung bei gesundheitlichen Einschränkungen

Das BEM ist freiwillig und bedarf der Zustimmung des Arbeitnehmers.


7. Kündigung und Arbeitsunfähigkeit

7.1. Personenbedingte Kündigung

Eine Kündigung wegen Krankheit ist nur rechtmäßig, wenn:

  • eine negative Gesundheitsprognose besteht,
  • die Fehlzeiten zu erheblichen Betriebsablaufstörungen führen und
  • die Interessen des Arbeitgebers die des Arbeitnehmers überwiegen.

7.2. Fristlose Kündigung

Eine fristlose Kündigung aufgrund von Arbeitsunfähigkeit ist nur bei gravierenden Pflichtverstößen möglich, etwa wenn der Arbeitnehmer eine Krankheit vortäuscht.


8. Häufige Fragen zur Arbeitsunfähigkeit

8.1. Kann der Arbeitgeber einen anderen Arztbesuch verlangen?

Ja, wenn Zweifel an der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bestehen, kann der Arbeitgeber den Medizinischen Dienst der Krankenkassen (MDK) einschalten.

8.2. Was passiert, wenn der Arbeitnehmer nicht erreichbar ist?

Der Arbeitnehmer ist nicht verpflichtet, während der Arbeitsunfähigkeit erreichbar zu sein, es sei denn, dringende betriebliche Gründe erfordern dies.

8.3. Was tun bei Überschneidung mit dem Urlaub?

Erkrankt ein Arbeitnehmer während seines Urlaubs, werden die betroffenen Tage nicht auf den Urlaub angerechnet, sofern die Krankheit durch eine ärztliche Bescheinigung nachgewiesen wird.


9. Fazit: Rechte und Pflichten im Gleichgewicht

Arbeitsunfähigkeit erfordert klare Kommunikation und die Einhaltung gesetzlicher Regelungen. Arbeitnehmer genießen umfassenden Schutz, müssen aber ihre Mitteilungs- und Nachweispflichten erfüllen. Arbeitgeber sollten ihre Entgeltfortzahlungspflichten ernst nehmen und die Gesundheit ihrer Mitarbeiter durch Präventionsmaßnahmen fördern.

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