1. Was bedeutet Urlaubsabgeltung?
Grundsätzlich muss der Arbeitnehmer seinen Urlaub „in Natur“ nehmen und der Arbeitgeber muss ihn „in Natur“ gewähren. Dies bedeutet, dass der Arbeitnehmer unter Fortzahlung seines Gehalts bzw. Lohns von der Arbeit freigestellt werden muss und Ferien machen kann.
Gelegentlich ist eine solche Art der Urlaubsgewährung aber nicht mehr möglich. Zum Beispiel immer dann, wenn das Arbeitsverhältnis nicht mehr besteht oder die verbleibende Restdauer nicht mehr ausreicht, um den Urlaub durch bezahlte Freistellung, d.h. in Natur zu nehmen.
In diesen Fällen hat der Arbeitnehmer einen Anspruch, für die noch offenen Urlaubstage Geld zu kriegen, d.h. eine Urlaubsabgeltung.
2. Wann besteht ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach dem Bundesurlaubsgesetz (BUrlG)?
Wenn der Arbeitnehmer bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch einen Urlaubsanspruch hat und der Urlaubsanspruch nicht mehr durch bezahlte Freistellung von der Arbeit erfüllt werden kann, gilt § 7 Abs. 4 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Diese Vorschrift lautet:
„Kann der Urlaub wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden, so ist er abzugelten.“
3. Wie wird der Urlaubsabgeltungsanspruch berechnet?
Wenn der Arbeitnehmer statt des Urlaubs Geld beansprucht, müssen die Urlaubstage in Geld umgerechnet werden. Zunächst ist zu ermitteln, wie viel der einzelne Arbeitstag wert ist.
Da das Kalendervierteljahr bzw. Quartal 13 Wochen hat, wird der Wert einer Arbeitswoche errechnet, indem man das Monatsgehalt mal drei nimmt (= Quartalsgehalt) und dann durch 13 teilt. Wer vollzeitig bzw. fünf Tage die Woche arbeiten muss, kann dann das Wochengehalt durch fünf teilen und errechnet so den Wert seines Arbeitstages.
BEISPIEL: Ein Arbeitnehmer arbeitet vollzeitig an fünf Tagen die Woche für 4.000 € brutto im Monat. Dann beträgt sein Quartalsgehalt 12.000 € brutto und sein wöchentliches Gehalt dementsprechend (12.000 : 13 =) 923,07 € brutto. Sein arbeitstägliches Gehalt und damit der Wert eines Urlaubstages sind daher (923,07 : 5 =) 184,62 € brutto. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung von 20 Tagen, beträgt die Urlaubsabgeltung demnach (20 x 184,62 =) 3.692,40 € brutto.
4. Wie wird der Urlaubsabgeltungsanspruch bei Teilzeit berechnet?
Auch bei Teilzeit wird der Anspruch über das Quartalsgehalt (= 13 Wochen) berechnet.
BEISPIEL: Ein Angestellter arbeitet in Teilzeit an drei Tagen die Woche für 1.500 € brutto im Monat. Dann beträgt sein Quartalsgehalt 4.500 € brutto und sein wöchentliches Gehalt (4.500 € : 13 =) 346,15 € brutto. Der Wert eines Urlaubstages beträgt dann (346,15 € : 3 =) 115,38 € brutto. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für drei Urlaubswochen, d.h. für (3 Wochen x 3 Tage =) neun Urlaubstage, beträgt seine Urlaubsabgeltung demnach (9 x 115,38 =) 1.038,42 € brutto.
Der Wert eines Urlaubstages ist
- bei einer Fünftagewoche = Quartalsgehalt : 65,
- bei einer Viertagewoche = Quartalsgehalt : 52,
- bei einer Dreitagewoche = Quartalsgehalt : 39,
- bei einer Zweitagewoche = Quartalsgehalt : 26.
5. Kann der Arbeitgeber statt einer Urlaubsabgeltung Resturlaub auch durch eine widerrufliche Freistellung gewähren?
Nein, denn wenn der Arbeitnehmer damit rechnen muss, während einer Freistellung noch einmal arbeiten zu müssen, kann er nicht Urlaub machen. Und wenn er keinen Urlaub machen kann, sind die am letzten Tag des Arbeitsverhältnisses noch offenen Urlaubstage abzugelten, d.h. der Arbeitnehmer kann Urlaubsabgeltung verlangen.
Erklärt der Arbeitgeber daher zusammen mit einer Kündigung eine Freistellung, die
- sowohl offene Urlaubsansprüche
- als auch Überstundenausgleichsansprüche
erfüllen soll, muss er aufpassen, wie er seine Freistellung formuliert, denn sonst werden Urlaubsansprüche möglicherweise nicht erfüllt.
6. Besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch, wenn der Arbeitnehmer während eines Urlaubs kurz vor seinem Ausscheiden erkrankt?
In Aufhebungsverträgen und in arbeitsgerichtlichen Vergleichen, vereinbaren Arbeitgeber und Arbeitnehmer oft einvernehmlich die unwiderrufliche Freistellung des Arbeitnehmers zur Erfüllung offener Urlaubsansprüche.
Ob solche Vereinbarungen wie geplant durchgeführt werden, hängt von der Gesundheit des Arbeitnehmers ab. Wird der Arbeitnehmer nämlich nach Abschluss eines Vergleichs oder eines Aufhebungsvertrags arbeitsunfähig, ist der Urlaub trotz zuvor vereinbarter Freistellung abzugelten. Denn die Freistellung führt nach § 9 BUrlG nicht zur Erfüllung der Urlaubsansprüche. Daher sind die Urlaubstage, die vereinbarungsgemäß durch die Freistellung eigentlich in Natur hätten erfüllt werden sollen, zusammen mit der letzten Gehaltsabrechnung abzugelten.
7. Besteht auch nach einer fristlosen Kündigung ein Urlaubsabgeltungsanspruch?
Auch im Falle einer fristlosen Kündigung besteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch. Denn das Arbeitsverhältnis wird durch die fristlose Kündigung nur für die Zukunft beendet, und zwar „per sofort“. Eine (rechtmäßige bzw. wirksame) fristlose Kündigung hat daher dieselbe Wirkung wie ein mit sofortiger Wirkung abgeschlossener Aufhebungsvertrag.
8. Muss der Urlaubsanspruch aus dem Vorjahr auch abgegolten werden?
Nicht genommener Urlaub geht gemäß § 7 Abs.3 Satz 1 und 2 BUrlG zum 31. Dezember unter, d.h. er entfällt im Regelfall. Eine „Mitnahme“ in das Folgejahr ist nur dann möglich, wenn „dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe“ eine Übertragung auf das Folgejahr rechtfertigen.
Arbeitnehmer, welche im letzten Quartal eine Kündigung mit längerer Kündigungsfrist erhalten, sollten daher darauf achten, ihren Jahresurlaub bis Dezember zu nehmen. Denn wer Kündigungsschutzklage erhebt und im Folgejahr vor Gericht über eine Abfindung verhandelt, braucht sich nicht zu wundern, wenn der Arbeitgeber „mit spitzem Bleistift“ rechnet und sich auf den (juristisch korrekten) Standpunkt stellt, dass der Vorjahresurlaub verfallen sei und eine Urlaubsabgeltung für das Vorjahr daher kein Thema sei.
Wer Urlaubsabgeltung haben möchte, sollte daher darauf achten, dass der abzugeltende Urlaubsanspruch noch bestehen muss, d.h. es müssen bei einem Jahreswechsel Übertragungsgründe vorliegen und das Arbeitsverhältnis muss bis spätestens Ende März beendet sein. Andernfalls geht der Resturlaub aus dem Vorjahr unter und mit ihm der Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
9. Unterliegt der Anspruch auf Urlaubsabgeltung Ausschlussfristen?
Ausschlussfristen führen dazu, dass arbeitsvertragliche Ansprüche verfallen bzw. endgültig untergehen, wenn sie nicht innerhalb einer bestimmten Frist nach Fälligkeit, der Ausschlussfrist, geltend gemacht werden.
Ausschlussfristen sind in den meisten Rahmentarifverträgen, aber auch in vielen Arbeitsverträgen enthalten. Je nach der Ausschlussfristenregelung sind Ansprüche schriftlich geltend zu machen und/oder einzuklagen, wobei die Fristen meist zwei oder drei Monate betragen.
Ausschlussfristen gelten auch für den Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
10. Welche Auswirkungen hat die Urlaubsabgeltung auf das Arbeitslosengeld?
Nach § 157 Abs.2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) wird das Arbeitslosengeld um die Tage des Urlaubs gekürzt, für die der Arbeitnehmer eine Urlaubsabgeltung erhält „oder zu beanspruchen“ hat. Diese Vorschrift lautet:
„Hat die oder der Arbeitslose wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine Urlaubsabgeltung erhalten oder zu beanspruchen, so ruht der Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit des abgegoltenen Urlaubs. Der Ruhenszeitraum beginnt mit dem Ende des die Urlaubsabgeltung begründenden Arbeitsverhältnisses.“
Da in § 157 Abs.2 SGB III nur von einem „Ruhen“ des Anspruchs auf Arbeitslosengeld und nicht von einer Sperrzeit die Rede ist, wird der Beginn des Arbeitslosengeldbezugs durch die Urlaubsabgeltung nur nach hinten hinausgeschoben, der Gesamtanspruch jedoch nicht vermindert wie bei einer Sperrzeit.
11. Ist der Urlaubsabgeltungsanspruch sozialversicherungs- und steuerpflichtig?
Ja, die Urlaubsabgeltung ist sozialversicherungspflichtiges Einkommen und wird daher vom Arbeitgeber wie eine Lohn- bzw. Gehaltszahlung abgerechnet. Und natürlich werden auch Steuern abgezogen.
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