Arbeitsrecht

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Videoüberwachung am Arbeitsplatz – Verletzung des Persönlichkeitsrecht?

Darf der Arbeitgeber den Arbeitsplatz durch Videoaufzeichnungen überwachen?

1. Allgemeines

Das Bundesarbeitsgericht hatte sich in zwei weiteren Verfahren wieder mit dem Thema der systematischen und ständigen Videoüberwachung von Arbeitnehmern durch den Arbeitgeberauseinanderzusetzen.

Denn im Vergleich zu den klassischen und gelegentlichen Kontrollen des Arbeitnehmers am Arbeitsplatz zum Beispiel durch Vorgesetzte, Meister oder durch die Erstellung von Tätigkeitsberichten, sind an die systematische und ständige Überwachung durch technische Einrichtungen wie Fernsehmonitore, Videokameras, Mikrofone, Zeitstempler etc. hohe Ansprüche zu setzen, um nicht das Persönlichkeitsrecht des Arbeitnehmers zu verletzen.

 

2. Verletzung des Persönlichkeitsrecht

Denn das Persönlichkeitsrecht, welches als Recht des Einzelnen auf Achtung seiner Menschenwürde und auf Entfaltung seiner individuellen Persönlichkeit definiert wird, ist als höchstes Gut des Arbeitnehmers zu schützen. Begrenzt werden kann der Anspruch des Arbeitnehmers auf Persönlichkeitsschutz nur durch entgegenstehende schützenswerte betriebliche Interessen des Arbeitgebers.

Ein berechtigtes Arbeitgeberinteresse kann zum Beispiel

  • an der Wahrung der betrieblichen Ordnung,
  • am Schutz des Unternehmenseigentums oder
  • an der Geheimhaltung von Betriebsgeheimhaltung bestehen.

Insofern sind systematische und ständige Überwachung, ohne dass ein Anfangsverdacht hinsichtlich begangener Straftaten oder hinsichtlich gravierender Pflichtverletzungen des Arbeitnehmers besteht, äußerst bedenklich.

Urteil des BAG 

So führte zum Beispiel auch das BAG in seinem Urteil 2 AZR 848/15 sowie 2 AZR 395/15 aus, dass ein „dringender Tatverdacht“, der also einen hohen Grad von Wahrscheinlichkeit für die Begehung von Straftaten voraussetzt, gerade nicht erforderlich ist, um eine entsprechende Überwachung des Arbeitnehmers rechtlich zu ermöglichen. Vielmehr solle bereits der grundsätzliche Verdachtsmoment ausschlaggebend sein, die entsprechende Maßnahme im Zuge einer Videoüberwachung zu rechtfertigen.

Insofern dürften bereits folgende Umstände den Arbeitgeber rechtfertigen eine Videoüberwachung seiner Angestellten vornehmen zu lassen:

  • Fehlbestände von leicht zu entfernendem Firmeneigentum

  • unerlaubter Aufenthalt in Räumen des Arbeitgebers durch unbefugte Arbeitnehmer

 

3. Verstoß gegen § 32 BDSG

Bereits ein solcher „einfacher“ Verdacht im Sinne eines strafrechtlichen Anfangsverdachts ist jedenfalls zur Erfüllung und Wirksamkeit einer Videoüberwachung heranzuziehen und dürfte auch nicht gegen § 32 des Bundesdatenschutzgesetzes verstoßen.

Grundsätzlich gilt jedoch die Gesamtsituation, so dass es insbesondere die betrieblichen zu den persönlichen Interessen abzuwägen gilt.

So muss zum Beispiel immer in die Abwägung mit einfließen, welche genauen Bereiche des Arbeitsalltages des Arbeitnehmers videoüberwacht werden. Selbst der visuelle Ausschnitt der einzelnen Videoüberwachung als auch der Zeitrahmen muss in die Entscheidung mit einfließen.

Sofern also in diesem Zusammenhang eine Beobachtung des Arbeitnehmers in Bereichen stattfindet, in denen seine Privatsphäre tangiert wird, wie z.B. in Umkleideräumen oder Pausenräumen, dürfte dies gegen eine rechtlich zulässige Videoüberwachung sprechen.

Hingegen die Überwachung von Lagerräumen und Produktionswerkstätten, in denen es bereits wiederholt zu Diebstählen und ungerechtfertigten Mitnahmen von Firmeneigentum kam, dürfte eine Videoüberwachung der rechtlichen Überprüfung standhalten.

 

4. Rechtsfolgen

Grundsätzlich hat der Arbeitgeber zum einen Anspruch auf Unterlassung, sofern es zu nicht rechtlich gedeckten und begründeten Videoüberwachungen kommt.

Zum anderen kann auch an eine Geldentschädigung gedacht werden, dies jedoch nur in dem Fall, in welchem die Beeinträchtigung der Videoüberwachung mit der verbundenen Persönlichkeitsrechtsverletzung nicht auf andere Weise befriedigend ausgeglichen werden kann.

Die Zubilligung einer entsprechenden Geldentschädigung im Falle einer schweren Persönlichkeitsrechtsverletzung beruht nach Auffassung der Gerichte auf dem Gedanken, dass ohne einen solchen Anspruch Verletzungen der Würde und Ehre des Menschen häufig ohne Sanktionen blieben mit der Folge, dass der Rechtsschutz der Persönlichkeit verkümmern würde.

Bezüglich der Höhe der Entschädigung kann man sich vor allem an der Höhe der monatlichen Vergütung  orientieren, so dass auch diesbezüglich unter Abwägung des Eingriffes in die Persönlichkeitsrechte die Schadensforderung entsprechend anzupassen ist.

Grundsätzlich bedarf es also immer einer Abwägung aller Interessen und des Einzelfalles, um hier eine verbindliche Aussage treffen zu können, ob eine entsprechende Überwachung und Kontrollmaßnahmen im Zuge von Video-/Fernsehüberwachung etc. rechtmäßig ist.

 

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