Arbeitsrecht

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Muss ich Überstunden leisten und habe ich einen Anspruch auf Bezahlung?

Überstunden bzw. Mehrarbeit wurden geleistet aber nicht bezahlt? Wir beraten Sie!

 

1. Wann spricht man von Überstunden?

Der Arbeitnehmer leistet Überstunden, wenn er über die für sein Beschäftigungsverhältnis geltende Arbeitszeit hinaus arbeitet.

In Tarifverträgen werden die Überstunden in der Regel als „Überschreitung der regelmäßigen tariflichen Arbeitszeit“ definiert. Auch der Begriff „Mehrarbeit“ hat sich weit gehend etabliert.

Auch Sonderleistungen des Arbeitnehmers, welche über seine geschuldete Tätigkeit hinausgehen, werden als Mehrarbeit definiert (zum Beispiel wenn der Gärtner auch als Chauffeur fungiert).

 

2. Wann liegen Überstunden tatsächlich vor?

Dies ist durch einen Vergleich der seitens des Arbeitnehmers geschuldeten und im Arbeitsvertrag (oder Tarifvertrag) festgelegten Arbeitszeit mit den von ihm tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden zu ermitteln.

Häufig wird die Dauer der geschuldeten Arbeitsleistung arbeitsvertraglich festgelegt. Sie kann sich jedoch auch aus den Umständen des Einzelfalles ergeben.

Überstunden müssen immer mit „Wissen und Wollen“ des Arbeitgebers geleistet werden. Es ist daher nicht ausreichend, wenn sich der Arbeitnehmer außerhalb der für ihn geltenden regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb aufhält. Der Arbeitgeber muss die Überstunden ausdrücklich angeordnet, oder zumindest gebilligt haben.

 

3. Ist der Arbeitnehmer verpflichtet Überstunden zu leisten?

Das Weisungsrecht des Arbeitgebers gibt ihm nicht die Möglichkeit, Überstunden schlicht anzuordnen. Einen grundsätzlichen Verpflichtung zur Leistung von Überstunden besteht daher nicht.

 

4. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Leistung von Überstunden?

Die Entscheidung über die Leistung von Überstunden obliegt (vorbehaltlich der Mitbestimmungsrechte eines Betriebsrats) dem Arbeitgeber. Wenn der Arbeitnehmer also nicht ausnahmsweise einen arbeitsvertraglichen Anspruch auf Zuweisung von Überstunden hat, besteht kein Anspruch.

 

5. Hat der Arbeitnehmer einen Anspruch auf Bezahlung von Überstunden?

Grundsätzlich besteht ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Entgelt für die über seine regelmäßige Arbeitszeit hinaus geleisteten Arbeitsstunden. Dieser Anspruch ergibt sich aus § 611 BGB, wenn es eine arbeitsvertragliche Regelung gibt. Sonst ergibt sich dieser Anspruch aus § 612 BGB.

Arbeitnehmer mit Führungsaufgaben, welche nicht unter den Anwendungsbereich des Arbeitszeitgesetzes fallen, haben keinen Anspruch auf Entgelt für Überstunden.

Soweit der Arbeitnehmer den Umfang seiner zeitlichen Beanspruchung selbst bestimmen kann, besteht ebenfalls kein Anspruch auf Bezahlung für Überstunden.

 

6. In welcher Höhe sind Überstunden zu bezahlen?

Dies bemisst sich nach der regelmäßigen Arbeitszeit. Ausgehend von der regelmäßigen Arbeitszeit wird das Entgelt einer Arbeitsstunde berechnet.

Wenn also zum Beispiel ein Arbeitnehmer eine Bruttomonatsvergütung in Höhe von 4000 € erhält und eine 40-Stunden-Woche vereinbart ist, sind in der Regel monatlich 173 Stunden (40 x 52 : 12 = 173,33 Stunden/Monat) abzuleisten. Die Vergütung für einer Arbeitsstunde liegt daher bei (4000 € : 173) 23,12 €.

 

7. Was sind Abgeltungsklauseln?

Mit sogenannten Abgeltungsklauseln kann arbeitsvertraglich vereinbart werden, dass Überstunden nicht zusätzlich vergütet werden müssen. An die Wirksamkeit der Abgeltungsklauseln sind jedoch hohe Voraussetzungen geknüpft.

Eine vorformulierte Abgeltungsklausel, nach der „anfallende Überstunden“ abgegolten sind, genügt nicht den Transparenzgebot und ist daher unwirksam. Die Höchstzahl der abgegoltenen Überstunden und der Bemessungszeitraum muss festgelegt sein. So ist wohl eine Klausel, nach der „mit dem Monatsgehalt zehn Überstunden/Monat abgegolten sind“,, wirksam.

Eine Formularklausel, nach der das monatliche Entgelt Überstunden bis zur höchstzulässigen Arbeitszeit (also 48 h/Woche) abgilt, ist wohl unwirksam.

Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der der Arbeitnehmer für Über- und Mehrarbeit keine gesonderte Vergütung erhält, sondern diese in der Grundvergütung enthalten ist, ist nicht klar und verständlich i.S.d. § 307 Abs. 1 S. 2 BGB und daher nach § 307 Abs. 1 S. 1 BGB ebenfalls unwirksam. Eine die pauschale Vergütung von Überstunden regelnde Klausel ist nur dann klar und verständlich, wenn sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen.

 

8. Können Überstunden auch durch Freizeit ausgeglichen werden?

Oft wird in Arbeitsverträgen vereinbart, dass für geleistete Überstunden bezahlte Freizeit gewährt wird.

Haben die Parteien ausdrücklich die Abgeltung von Überstunden durch Freizeitausgleich vereinbart, hat der Arbeitnehmer daher im bestehenden Arbeitsverhältnis keinen Anspruch auf Überstundenvergütung. Überstunden sind in diesem Falle erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu vergüten. Arbeitsvertragliche Formularklauseln, nach denen Überstunden ersatzlos wegfallen sind in der Regel unwirksam.

 

9. Wann verjährt der Anspruch auf Überstundenvergütung?

Der Anspruch auf Überstundenvergütung verjährt in der Regelfrist von drei Jahren. Zu beachten sind hier jedoch auch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen. Ferner kann der Anspruch unter vorliegen bestimmter Voraussetzungen auch verwirken.

 

10. Wer trägt im Falle einer gerichtlichen Auseinandersetzung die Beweislast?

Der Arbeitnehmer trägt im Falle einer arbeitsgerichtlichen Auseinandersetzung die Darlegungs-und Beweislast für alle zeitlichen und inhaltlichen Tatsachen, aus denen sich der erhobene Anspruch auf Überstundenvergütung oder Freizeitausgleich ergibt.

Er muss daher darlegen und beweisen, dass er Arbeit in einem die Normalarbeitszeit übersteigenden zeitlichen Umfang verrichtet hat. Dabei genügt der Arbeitnehmer seiner Darlegungslast, indem er vorträgt, an welchen Tagen er von wann bis wann Arbeit geleistet oder sich auf Weisung des Arbeitgebers zur Arbeit bereitgehalten hat. Diese Grundsätze dürfen jedoch nicht schematisch angewendet werden, sondern bedürfen stets der Berücksichtigung der im jeweiligen Streitfall zu verrichtenden Tätigkeit und der konkreten betrieblichen Abläufe.

Der Arbeitgeber muss sich dann wiederum substantiiert zu den behaupteten Überstunden äußern. Gelingt ihm dies, muss der Arbeitnehmer im Einzelnen Beweis für die geleisteten Stunden anbieten und gegebenenfalls konkretisieren, welche Tätigkeiten er ausgeübt hat.

Inhaltlich genügt in der Regel die Darlegung der Kenntnis des Arbeitgebers, dass sich der Arbeitnehmer außerhalb seiner regelmäßigen Arbeitszeit im Betrieb aufgehalten hat und dass er während dieser Zeit gearbeitet hat.

 

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