Die Kündigung wegen Krankheit ist der häufigste Fall einer personenbedingten Kündigung. Diese kann nach deutschem Recht – anders als z. B. in den Niederlanden – während der Arbeitsunfähigkeit ausgesprochen werden.
Es haben sich folgende Fallgruppen herausgebildet
- Dauernde Arbeitsunfähigkeit
- Lang andauernde Krankheit
- Häufige Kurzerkrankungen
- Leistungsminderung aufgrund Krankheit
Bei Kündigungen wegen Krankheit gilt die (unter dem Stichwort Kündigung – personenbedingt) dargestellte vierstufige Prüfung. Ergänzend ist auf folgende Punkte gesondert hinzuweisen:
1. Verlust der Befähigung oder Eignung (Negative Prognose)
Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit ist die negative Prognose indiziert.
Ab einem Zeitraum von 1,5 Jahren andauernder Erkrankung dürfte jedenfalls von lang andauernder Krankheit auszugehen sein. Das Gleiche soll gelten, wenn bei Ausspruch der Kündigung nicht innerhalb von 2 Jahren danach mit einer anderen – positiven – Prognose gerechnet werden kann. Diese Situation wäre z. B. gegeben, wenn die Deutsche Rentenversicherung eine auf mehr als 2 Jahre befristete Rente wegen voller Erwerbsunfähigkeit bewilligt. Die Rechtsprechung hat jedoch keine Zeiträume festgelegt, wann von einer lang andauernden Krankheit auszugehen ist.
Bei häufigen Kurzerkrankungen ist bereits die Frage der erforderlichen negativen Prognose problematisch. Denn es gibt keinen gesicherten Erfahrungssatz, ob häufige Kurzerkrankungen in der Vergangenheit sich auch in der Zukunft wiederholen werden. Deshalb müssen zusätzliche objektive Tatsachen (z. B. Kenntnis über die Art der Krankheit) vorliegen, die eine negative Prognose rechtfertigen. Fehlzeiten in der Vergangenheit lassen nur dann eine negative Prognose zu, wenn der Beobachtungszeitraum ausreichend lang ist, z. B. drei Jahre. Ab einer Ausfallzeit von etwa 25% kann eine Kündigung gerechtfertigt sein.
2. Erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen
Bei dauernder Arbeitsunfähigkeit muss der Arbeitgeber eine darüber hinausgehende erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen nicht mehr darlegen. Wenn feststeht, dass der Arbeitnehmer in Zukunft die geschuldete Arbeitsleistung überhaupt nicht mehr erbringen kann, ist schon aus diesem Grunde das Arbeitsverhältnis erheblich gestört. Die unzumutbare betriebliche Beeinträchtigung besteht in diesem Fall darin, dass der Arbeitgeber mit einem dauernden Ausfall des Arbeitnehmers rechnen muss.
Ist der Arbeitnehmer bereits längere Zeit krank und ist im Zeitpunkt der Kündigung die Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit noch völlig ungewiss, kann bereits diese Ungewissheit im Rahmen der Interessenabwägung zur Annahme einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führen. Eine solche Ungewissheit soll dann einer feststehenden dauernden Arbeitsunfähigkeit gleichstehen.
Bei ( für den Arbeitgeber ) nicht vorhersehbaren Kurzzeiterkrankungen treten insbesondere Störungen im Betriebsprozess auf, die ab einer gewissen Häufigkeit eine erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen darstellen können. Dabei kann es auch zu einer erheblichen wirtschaftlichen Belastung durch Entgeltfortzahlungskosten kommen.
Auch die krankheitsbedingte Minderung der Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers kann eine Kündigung rechtfertigen, wenn sie zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen führt. Es führt jedoch nicht jede geringfügige Minderleistung zu einer erheblichen Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen.
3. Kein milderes Mittel (Verhältnismäßigkeitsgrundsatz)
Zunächst ist der Arbeitgeber gehalten, ein betriebliches Eingliederungsmanagement durchzuführen.
Bei lang andauernder Krankheit kommen personelle Überbrückungsmaßnahmen in Betracht, soweit diese dem Arbeitgeber zumutbar sind.
Bei Kurzzeiterkrankungen kommen personelle Überbrückungsmaßnahmen eher nicht in Betracht, weil Arbeitgeber sich darauf selten kurzfristig einstellen können. In Betracht käme dies allenfalls bei größeren Betrieben, die eine Personalreserve vorhalten.
4. Interessenabwägung
Bedeutsam ist hier zunächst, ob die Krankheit betriebliche Ursachen hat.
Zu beachten ist auch, dass die Interessenabwägung bei langer Dauer des Arbeitsverhältnisses und hohem Alter des Arbeitnehmers möglicherweise wegen besonders hoher Schutzbedürftigkeit zugunsten des Arbeitnehmers ausfallen könnte.
Bei hohen Entgeltfortzahlungskosten muss geprüft werden, wie hoch die Ausfallquote bei anderen Arbeitnehmern mit vergleichbaren Arbeitsbedingungen ist. Ist diese bei den anderen Arbeitnehmern auch hoch, haben die Entgeltfortzahlungskosten im Rahmen der Interessenabwägung ein geringeres Gewicht.
Bei der Leistungsminderung aufgrund Krankheit ist im Rahmen der Interessenabwägung genau zu prüfen, ob die erhebliche Beeinträchtigung der betrieblichen Interessen vom Arbeitgeber billigerweise nicht mehr hingenommen werden muss. Eine von der krankheitsbedingten Leistungsminderung zu unterscheidende altersbedingte Leistungsminderung muss grundsätzlich vom Arbeitgeber hingenommen werden.
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