1. Was ist unter dem Begriff des Wettbewerbsverbotes zu verstehen?
Wettbewerbsverbot bedeutet die Untersagung, ein Handelsgewerbe konkurrierender Art oder einzelne Geschäfte, die im Geschäftsbereich des Arbeitgebers liegen, zu betreiben. Es spielt keine Rolle ob der Arbeitnehmer ein regelrechtes Handelsgewerbe betreibt oder lediglich hin und wieder einmal tätig wird.
Dieser Rechtsgrundsatz findet sich in § 60 des Handelsgesetzbuches (HGB).
Dort heisst es:
(1) Der Handlungsgehilfe darf ohne Einwilligung des Prinzipals weder ein Handelsgewerbe betreiben noch in dem Handelszweige des Prinzipals für eigene oder fremde Rechnung Geschäfte machen.
(2) Die Einwilligung zum Betrieb eines Handelsgewerbes gilt als erteilt, wenn dem Prinzipal bei der Anstellung des Gehilfen bekannt ist, daß er das Gewerbe betreibt, und der Prinzipal die Aufgabe des Betriebs nicht ausdrücklich vereinbart.
Anmerkung:
„Handlungsgehilfe“ ist als Synonym für Arbeitnehmerbegriff zu verstehen.
Das HGB und somit auch der besagte Rechtsgrundsatz des § 60 betrifft jedoch grundsätzlich nur kaufmännische Angestellte.
Dies lässt die Frage aufkommen, ob und wenn ja inwieweit diese, nur für kaufmännische Angestellte geltende Regelung auch auf andere Arbeitnehmer Anwendung findet.
Die Antwort ist recht unkompliziert. Auch für alle anderen Arbeitnehmer gilt der Rechtsgrundsatz des Wettbewerbsverbotes.
Es besteht lediglich ein Unterschied in der Rechtsgrundlage.
Während sich bei kaufmännischen Angestellten der Grundsatz des Wettbewerbsverbotes aus § 60 Absatz 1 HGB ergibt, wird er bei allen anderen Arten von Arbeitnehmern aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz von „Treu und Glauben“ nach § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hergeleitet.
2. Darf ich als Arbeitnehmer tatsächlich ohne Einwilligung des Arbeitgebers kein Handelsgewerbe betreiben, auch wenn es nicht den/die Geschäftszweig/e des Arbeitgebers berührt?
Grundsätzlich ist dies möglich.
Das Bundesarbeitsgericht hat das in § 60 Absatz 1 HGB zuerst genannte Verbot wegen zu weitgehender Einschränkung der Berufsfreiheit des kaufmännischen Angestellten (Verstoß gegen Artikel 12 Grundgesetz / GG) für verfassungswidrig und damit für nichtig erachtet. In der Praxis bedeutet diese Entscheidung, dass ein kaufmännischer Angestellter grundsätzlich durchaus ein Handelsgewerbe betreiben darf, solange sich dieses außerhalb des Geschäftszweigs des Arbeitgebers befinden.
De facto benötigt ein kaufmännischer Angestellter nur die Einwilligung des Arbeitgebers, wenn er ein Handelsgewerbe in dessen Geschäftszweig betreiben möchte.
3. Beispiele für verbotene Konkurrenzgeschäfte eines Arbeitnehmers
Verbotene Konkurrenzgeschäfte betreibt ein Arbeitnehmer insbesondere dann, wenn die von ihm betriebenen Geschäfte innerhalb des Geschäftszweiges des Arbeitgebers liegen und die Erzielung von Unternehmergewinn zum Gegenstand haben. Mithin kommt es darauf an, ob die Geschäfte einen spekulativen Charakter besitzen.
Konkret lassen sich einige Beispiele anführen, die eben diese Eigenschaften inne tragen:
- Abwerben von Kunden des Arbeitgebers
- Unverhältnismäßig hohe finanzielle Unterstützung eines Konkurrenten durch den Arbeitnehmer (z.B. Gewährung eines nicht unerheblichen Darlehens)
- Abwerben von Angestellten des Arbeitgebers zum Zwecke der Gründung eines eigenen/anderen, mit dem Arbeitgeber konkurrierenden Unternehmens
- Beteiligung an einem konkurrierenden Unternehmen die über das Maß einer Kleinanlage eines Verbrauchers hinausgeht und eher auf unternehmerischen Gewinn abzielt.
4. Was sind mögliche Sanktionen des Arbeitgebers bei einem Verstoß gegen das Wettbewerbsverbot durch einen Arbeitnehmer?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber folgende Möglichkeiten, wenn er feststellt, dass einer seiner Angestellten verbotenerweise Geschäfte in seinem Geschäftszweig betreibt:
- Abmahnung
- Kündigung (verhaltensbedingt ordentlich; unter besonderen Umständen auch außerordentlich möglich!)
- Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses unter der Bedingung, dass der Arbeitnehmer die verbotene Konkurrenztätigkeit künftig unterlässt.
- Anspruch auf Schadensersatz in Form des entgangenen Gewinns, wobei seitens des Arbeitgebers nachzuweisen ist, dass dieser die Geschäfte, die ihm durch die Konkurrenztätigkeit des Arbeitnehmers vorenthalten wurden, tatsächlich abgeschlossen hätte.
Besonderheit bei kaufmännischen Angestellten im Sinne des HGB):
Gemäß § 61 Absatz 1 HGB kann der Arbeitgeber von einem kaufmännischen Angestellten, der gegen das Wettbewerbsverbot verstoßen hat, den Gewinn herausverlangen, den er durch den Abschluss der verbotenen Geschäfte erzielt hat.
5. Wann endet das Wettbewerbsverbot?
Grundsätzlich endet das Wettbewerbsverbot des Arbeitnehmers mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Das bedeutet, dass der Arbeitnehmer, insofern keine anderweitigen Vereinbarungen getroffen wurden, unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum Arbeitgeber, in dessen Geschäftszweigen unternehmerisch tätig sein, bzw. mit ihm in Konkurrenz treten darf.
Da dies jedoch in der Regel nicht im Interesse des Arbeitgebers liegt, können zwischen den Parteien auch nachvertragliche Wettbewerbsverbote vereinbart werden.
6. Was hat es mit einem solchen nachträglichen Wettbewerbsverbot genauer auf sich? Wie kann ein solches aussehen?
Ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot stellt eine vertragliche Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer dar, mit der sich der Arbeitgeber das Unterlassen von konkurrierenden Tätigkeitkeiten des Arbeitnehmers für eine bestimmte Zeit nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses erkauft.
Erkaufen meint hierbei den Umstand, dass der Arbeitgeber den Arbeitnehmer dafür entschädigt, dass er auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, im Geschäftszweig des Arbeitgebers nicht in Wettbewerb tritt.
Diese Entschädigung bezeichnet man als Karenzentschädigung. Sie dient dem Arbeitgeber zur Absicherung, da sich ein möglicher Schaden, der durch das Tätigwerden eines ehemaligen Angestellten auf dem Markt, nur schwer einschätzen lässt und von geringfügig bis existenzgefährdend jegliches Ausmaß annehmen kann. Durch die Karenzentschädigung kann dieses Ausmaß kontrolliert werden, auch wenn es für das Unternehmen eine nicht unerhebliche finanzielle Belastung darstellen kann.
Ein nachträgliches Wettbewerbsverbot kann beispielsweise folgende Inhalte haben:
- Der Arbeitnehmer verpflichtet sich dazu, für die Dauer von zwölf Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weder direkt noch indirekt in Deutschland als Arbeitnehmer, Alleineigentümer, Partner, Anteilseigner oder in sonstiger Funktion in einem Unternehmen, das mit dem Arbeitgeber konkurriert oder konkurrieren könnte, tätig zu sein.
- Ferner bemüht sich der Arbeitnehmer für die Dauer von zwölf Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht um Geschäfte mit Einzelpersonen oder Gesellschaften, die während der Dauer des Arbeitsverhältnisses Kunden des Arbeitgebers waren, soweit diese Geschäfte den vom Arbeitgeber mit diesen Personen getätigten Geschäften ähnlich sind.
- Der Arbeitnehmer erhält für jeden Monat der Dauer des Wettbewerbsverbotes als Karenzentschädigung 50 % der zuletzt bezogenen Gesamtvergütung
7. Kann ein nachträgliches Wettbewerbsverbot auch unverbindlich sein?
Ja, ein nachträgliches Wettbewerbsverbot kann durchaus auch unverbindlich formuliert sein.
Unverbindlich meint hierbei den Umstand, dass der Arbeitnehmer sich frei entscheiden kann, ob er lieber in dem Geschäftszweig des Arbeitgebers tätig werden bzw. sich zumindest die Option freihalten möchte, oder ob er stattdessen lieber die Karenzentschädigung beansprucht und das Wettbewerbsverbot akzeptiert.
Dieses Wahlrecht muss der Arbeitnehmer grundsätzlich zu Beginn der Karenzzeit ausüben. Diesbezüglich gilt jedoch die Regelung, dass der Arbeitnehmer seine Entscheidung dem Arbeitgeber nicht unaufgefordert mitteilen muss, sodass er sich im Umkehrschluss solange nicht dazu äußern muss, bis er vom Arbeitgeber gefragt wird.
Des Weiteren ist ein nachträgliches Wettbewerbsverbot jedenfalls dann unverbindlich, wenn die Karenzentschädigung die zwischen den Parteien vereinbart wurde, nicht mindestens 50% der zuletzt bezogenen Vergütung des Arbeitnehmers beträgt oder das Wettbewerbsverbot für länger als den maximal zulässigen Zeitraum von 2 Jahren gelten soll. Darüber hinaus ist ein Wettbewerbsverbot auch dann unverbindlich, wenn es dem Arbeitnehmer eine unangemessene Erschwerung des beruflichen Fortkommens beschert oder keinem berechtigten geschäftlichen Interesse des Arbeitgebers dient.
8. Unter welchen Umständen kann ein Wettbewerbsverbot nichtig sein?
Ein nachträgliches Wettbewerbsverbot kann nichtig sein, wenn es nicht schriftlich vereinbart wurde oder aber wenn es keine Vereinbarung bezüglich einer Karenzentschädigung beinhaltet.
Jedoch ist hierbei nach geltender Rechtsprechung seit dem 28.06.2006 auch ein vertraglicher Pauschal-Verweis auf die §§ 74 ff. HGB als ausreichend zu betrachten.
Diese beinhalten dem Grunde nach die gesetzlichen Regelungen zur Karenzentschädigung für Kaufleute.
Diese Entscheidung hat sowohl für den Arbeitgeber, als auch für den Arbeitnehmer erhebliche Auswirkungen.
Während der Arbeitnehmer das Wettbewerbsverbot beachten muss, ist der Arbeitgeber mit erheblichen, finanziellen Pflichten (Zahlung einer Karenzentschädigung) belastet.
Dementsprechend genügt bereits ein pauschaler Verweis auf die §§ 74 ff. HGB als Vereinbarung einer Karenzentschädigung und führt damit zur Wirksamkeit des Wettbewerbsverbotes.
Dies gilt auch bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses in der Probezeit.
9. Kann ein nachträgliches Wettbewerbsverbot auch wieder gelöst werden?
Es steht den Parteien frei, das nachträgtiche Wettbewerbsverbot im gegenseitigen Einvernehmen durch Aufhebungsvertrag wieder zu lösen.
Des Weiteren wird ein nachträgliches Wettbewerbsverbot dann aufgelöst, wenn es sich um eines mit unverbindlichem Charakter handelt (vgl. „7. Kann ein nachträgliches Wettbewerbsverbot auch unverbindlich sein?“) und der ausgeschiedene Arbeitnehmer die Möglichkeit der Nichtbeachtung des Wettbewerbsverbotes wählt.
Darüber hinaus kann der Arbeitgeber einseitig auf das Wettbewerbsverbot verzichten (§ 75a HGB). Dies hat allerdings zur Folge, dass das Wettbewerbsverbot sofort unwirksam wird und den Arbeitnehmer dementsprechend nicht mehr bindet. Der Arbeitgeber ist hingegen noch bis zum Ablauf eines Jahres nach der Verzichtserklärung zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet. Ein solches Vorgehen seitens des Arbeitgebers sollte jedoch genau durchdacht werden, da es zur Konsequenz hat, dass ihm der Arbeitnehmer sofort Konkurrenz machen darf, während er als Arbeitgeber noch bis zum Ablauf der Jahresfrist zur Zahlung der Karenzentschädigung verpflichtet ist. Kurz gesagt wird der ausgeschiedene Arbeitnehmer in diesem besagten Szenario von seinem ehemaligen Arbeitgeber auch noch dafür bezahlt, dass er ihm Konkurrenz macht.
10. Karenzentschädigung: Wie wird sie berechnet und wo sind die Grenzen?
Die Karenzentschädigung muss mindestens 50% der durchschnittlich in den letzten 3 Jahren bezogenen Leistungen betragen.
Besteht das Arbeitsverhältnis weniger als 3 Jahre, so ist der Wert aus der Zeit des bestehenden Arbeitsverhältnisses zu ermitteln.
Der Durchschnitt ist deshalb maßgeblich, da nicht nur das Grundgehalt, sondern sowohl etwaige -in der Regel unregelmäßig hohe- Provisionen, als auch Sachleistungen wie die private Nutzung eines Dienstwagens in die Berechnung miteinzubeziehen sind.
Ein ehemaliger Arbeitnehmer der Karenzentschädigung erhält, muss sich nach § 74c HGB jedoch Einkünfte die er anderweitig erwirtschaftet, in gewisser Weise (nicht 1:1) auf die Karenzentschädigung anrechnen lassen.
Die Karenzentschädigung und die anderweitigen Einfünfte dürfen die Grenze von 110% der ehemaligen Vergütung des Arbeitnehmers hingegen nicht übersteigen. Wird dieser Wert überstiegen, so ist die Karenzentschädigung entsprechend um den übersteigenden Betrag zu kürzen.
Um dies zu verdeutlichen lässt sich folgende Berechnung beispielhaft anführen:
Der Arbeitnehmer hat zuletzt einschließlich Provisionen und unter Einbeziehung der eingeräumten Möglichkeit der privaten Nutzung eines Dienstwagens durchschnittlich 10.000,00 € brutto verdient.
Die Karenzentschädigung ist auf 50% dieser ehemaligen Vergütung, daher auf 5.000,00 € brutto im Monat zu bemessen.
Während der Geltung des nachvertraglichen Wettbewerbsverbots verdient der Arbeitnehmer nun beispielsweise durch selbständige Arbeit 7.000,00 € brutto im Monat.
Demzufolge beträgt die Summe von Karenzentschädigung und Zwischenverdienst 12.000,00 €. Dieser Betrag liegt um 1.000,00 € über dem maßgeblichen Grenzwert von 110 Prozent der zuletzt bezogenen Vergütung (11.000 €), sodass die Karenzentschädigung um eben diese 1.000,00 € auf monatlich nunmehr 4.000,00 € zu kürzen ist.
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