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Alles was Sie wissen müssen zum Thema „Wechselmodell“

Das Wechselmodell. Eine Alternative für meine Unterhaltszahlungen?

 

Eine Scheidung ist ein nicht einfacher Schritt für alle Beteiligten, insbesondere wenn Kinder aus der Ehe hervorgegangen sind. Im Jahr 2015 wurden laut Statistischem Bundesamt 163 335 Ehen geschieden, wovon 131 749 minderjährige Kinder betroffen waren. Mit der Trennung gilt es daher eine Lösung für alle und besonders für die Kinder zu suchen, die allen ein friedliches Zusammenleben ermöglicht.

Die Mehrzahl der Eltern entscheidet sich nach der Trennung für das sog. Residenzmodell, in den meisten Fällen mit einem gemeinsamen Sorgerecht beider Elternteile. In diesem Modell leben die gemeinsamen Kinder bei einem Elternteil, zumeist der Mutter. Der Elternteil, bei dem die Kinder nicht wohnen, hat neben dem gemeinsamen Sorgerecht ein Besuchs- bzw. Umgangsrecht. In den letzten Jahren hat aber auch das sog. Wechselmodell immer stärker an Beliebtheit unter den Geschiedenen gewonnen. Wir wollen Ihnen daher einen Überblick über die Eigenschaften dieses Modells sowie Vor- und Nachteile geben.

 

Was ist das Wechselmodell?

Das Wechselmodell wird auch als Pendelmodell bezeichnet. Hierbei wird das Kind in wiederkehrenden Abständen zu gleichen oder annähernd gleichen Teilen von beiden Elternteilen betreut. Es soll hierbei dem Wunsch der Eltern Genüge getan werden, dass sie beide sich um das Kind gleichermaßen kümmern können. Aber auch das Kind soll beide Elternteile als gleichwertige Erziehungsberechtigte erleben. Auch eine Verteilung von 70 % zu 30 % wird auf rechtlicher Ebene meistens noch als Wechselmodell anerkannt, jedoch nicht immer als „echtes“ Wechselmodell klassifiziert. Die Ausgestaltung des Wechselmodells, um es in der Praxis lebbar zu machen, ist ganz individuell und dahingehend vielfältig. So hat sich beispielsweise bewährt, dass das Kind 14-tägig beim Vater und dann bei der Mutter lebt. Es gibt aber auch Fälle, in denen das Kind wöchentlich den Wohnort wechselt oder gar täglich. Das Wechselmodell ist eine durchaus streitbare Lösung und bedarf vieler Klärungen im Vorfeld. Nicht die Wünsche der Eltern, sondern das Wohl des Kindes sollte bei jeglicher Absprache im Vordergrund stehen.

 

Welche Voraussetzungen gelten für das Wechselmodell?

Nicht nur die Eltern, sondern vor allem auch das Kind sollte sich mit dem Wechselmodell einverstanden zeigen. Ihm soll das Gefühl vermittelt werden, dass es seine Meinung äußern kann und auch Änderungen des Betreuungsmodells jederzeit möglich sind. Eine weitere wünschenswerte Grundvoraussetzung für das Wechselmodell ist eine nahe Lage beider elterlichen Haushalte. Da das Kind zwischen den Haushalten pendelt, ist es so möglich, das soziale Umfeld des Kindes beizubehalten.

Nahezu unabdingbar ist zudem eine ähnlicher Erziehungsstil beider Elternteile. Sie sollten zudem ein solch gutes Verhältnis beibehalten, dass möglichst viele Absprachen miteinander ohne Streit getroffen werden können. So muss viel mehr als in anderen Betreuungsmodellen miteinander gesprochen werden. Schließlich findet das kindliche Leben in zwei Haushalten statt und dies zieht Absprachen im schulischen sowie privaten Bereich nach sich.

 

Welche möglichen Vorteile bietet das Wechselmodell?

Das Wechselmodell ist schon seit langer Zeit ein beliebtes Betreuungskonzept in Skandinavien und Frankreich. Wenn die Eltern dem Kind ohne Streit, sondern mit Wärme und Geborgenheit begegnen, stellt es das beste Betreuungskonzept dar, da das Kind schließlich zu beiden Elternteilen die gleiche intensive Alltagsbeziehung aufbauen kann.

Der große Vorteil beim Wechselmodell ist die Tatsache, dass das Kind beide Eltern als gleichwertige Erziehungspersonen wahrnimmt. Es fühlt sich in beiden Haushalten daheim, behält sein soziales Umfeld und wird daher nicht aus der gewohnten Umgebung herausgerissen, wie es üblicherweise bei einem Umgangsrecht am Wochenende ist. Der bedeutsame Alltag wird bei beiden Elternteilen erlebt und es gibt z.B. nicht nur den „Wochenend-Papa“.

Dies hat zur Folge, dass auch die Eltern trotz ihrer Trennung nah bzgl. erzieherischer Fragen aneinander rücken. Viele Konflikte werden so minimiert, da ein Elternteil nicht nur mit dem Freizeitprogramm verbunden ist und der andere Elternteil mit den Alltagspflichten. Beide Elternteile tragen gleichermaßen Verantwortung für die Alltagsentscheidungen und dieses geringere Konfliktpotential, wenn sich beide Elternteile mit dem Wechselmodell identifizieren, wirkt beruhigend auf das Kind.

 

Welche Nachteile gibt es möglicherweise?

Die Nachteile des Wechselmodells liegen auf der Hand. So wie das Kind im besten Fall Geborgenheit in beiden Elternhäusern erfährt, kann es auch, wenn die Eltern nicht beide gleichermaßen hinter dem Betreuungsmodell stehen, Zerrissenheit verspüren, welche sich langfristig schädigend auf seine Entwicklung auswirkt. Zudem stellt das Pendeln zwischen den beiden Haushalten auch ein Herausreißen aus dem Alltag und eine gewisse Unruhe dar. Sollten die Eltern zudem den hohen Kommunikationserfordernissen im Wechselmodell nicht entsprechen, überträgt sich der Streit auf das Kind. Verschiedene Untersuchungen haben gezeigt, dass das Wechselmodell oftmals nicht nur von Scheidungspaaren gewählt wird, die eine harmonische Kommunikation pflegen, sondern vielmehr auch von Paaren, die stark zerrüttet sind. Sie erwarten von dem Wechselmodell mehr Autonomie in ihren erzieherischen Entscheidungen, verkennen jedoch das hohe Maß an Absprachen zum Wohle des Kindes. Nicht von der Hand zu weisen sind auch die finanziellen Nachteile für die Eltern, die durch das Wechselmodell entstehen. Schließlich gilt es zwei Haushalte kindgerecht auszustatten. Da entstehen schnell Mehrkosten in der Ausstattung, der Miete und den Nebenkosten der Wohnung sowie bei der Anschaffung von Bedarfsgegenständen.

 

Welche Auswirkungen hat das Wechselmodell auf den Unterhalt?

Im Grundsatz sind Eltern ihren Kindern gegenüber unterhaltspflichtig, soweit sie noch minderjährig oder in Ausbildung sind. Bezüglich des Unterhalts unterscheidet man den „Naturalunterhalt“ in Form von Erziehung, Betreuung und Fürsorge und den „Barunterhalt“ als finanzielle Unterstützung. Nach einer Scheidung sind im Prinzip ebenso beide Elternteile zum Unterhalt verpflichtet, im Einzelfall muss jedoch entschieden werden, ob beide zahlen bzw. ein Elternteil das Kind betreut, und der andere Elternteil finanziell unterhaltspflichtig ist. Im Wechselmodell betreuen beide Elternteile das Kind, so dass die Frage nach dem Barunterhalt differenzierter betrachtet werden muss. Eine gesetzliche Regelung gibt es nicht, so dass hier individuelle Lösungen gesucht werden müssen. Dennoch gibt es zwei richtungsweisende BGH-Entscheidungen, was die Definition des Wechselmodells und dessen Einfluss auf den Unterhalt betrifft.

 

Beispiel 1:

Ein „echtes“ Wechselmodell liegt nach dem BGH dann vor, wenn beide Eltern jeweils hälftig die Kinderbetreuung übernehmen. Für den Unterhalt grundlegend ist dabei § 1606 Abs 3 BGB, der von einem anteiligen Barunterhalt beider Eltern ausgerichtet nach deren Einkommens- und Vermögensverhältnissen ausgeht.

Der Naturalunterhalt beider Elternteile wird dabei berücksichtigt. Eine genaue Berechnung der Unterhaltsleistungen ist kompliziert. Wenden Sie sich daher an unseren Familienrechtsexperten. Dennoch kann man kurz zusammen gefasst sagen, dass sich die Höhe des Barunterhalts am gemeinsamen Einkommen von Mutter und Vater orientiert und der Kindesbedarf sich auf Grund der höheren Betreuungskosten im Wechselmodell erhöht.

 

Beispiel 2:

Wenn beispielsweise die Mutter 75% der Kinderbetreuung im Wechselmodell übernimmt und der Vater 25%, geht der BGH von keinem „echten“ Wechselmodell aus, so dass der Vater dennoch den Barunterhalt in ganzer Höhe tragen muss. Auch hier spielen Einkommens- und Vermögensverhältnisse eine Rolle, jedoch nur die des zahlenden Elternteils, sowie ein erhöhter Kindesbedarf auf Grund des Wechselmodells. Lediglich ein Nachweis über erhöhte Lebensführungskosten für das Kind kann unter Umständen unterhaltsminimierend wirken, wenn der zahlungsverpflichtete Elternteil über das normale Umgangsrecht hinaus das Kind betreut.

 

Welche Auswirkungen hat das Wechselmodell auf das Kindergeld?

Das staatliche Kindergeld steht im Wechselmodell beiden Elternteilen zu. Ein Problem stellt jedoch dabei dar, dass das Kindergeld nur einem Elternteil ausgezahlt wird. Dieser Elternteil muss daher dem anderen Elternteil den hälftigen Betrag überweisen, wenn es kein separates Konto für das Kind gibt.

 

Ist das Wechselmodell für uns eine geeignete Lösung?

Zunächst einmal sollte das Wechselmodell eher nicht gewählt werden, wenn beide Elternteile zu einer konfliktreichen Kommunikation neigen. Durch andauernde Auseinandersetzungen wird das Kind in die Streitigkeiten einbezogen und negativ beeinflusst.

Die obige Frage lässt sich jedoch nicht schnell mit einem „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Nicht nur, dass jede Scheidung eine individuelle Angelegenheit darstellt und jedes Kind einzigartig ist, so muss auch am besten in Beratung mit unserem Familienrechtsexperten eine individuelle Lösung bzgl. der Betreuungsform gefunden werden. Das Wohl des Kindes soll zunächst einmal im Mittelpunkt Ihrer Entscheidung stehen. Da die Auswirkungen des Wechselmodells wie gezeigt jedoch auch Einfluss auf andere z.B. finanzielle Bereiche haben, sollten Sie das Für und Wider des Wechselmodells in einer individuellen Beratung abwägen.

Für junge Kinder bis zu einem Alter von 8 bis 9 Jahre spielt die Geborgenheit und Beständigkeit von Bezugspersonen eine entscheidende Rolle in ihrer persönlichen Entwicklung. Für diese Altersgruppe ist im Allgemeinen das Wechselmodell nicht zu empfehlen, insbesondere da aus fachlicher Sicht eine kürzere Dauer der Umgangszeiten angemessen ist. Für das Wechselmodell hat dies zur Konsequenz, dass das Kind z.B. alle 2-3 Tage den Haushalt wechselt. Was dabei die Folge ist, liegt auf der Hand: Unruhe und Stress im Alltag des Kindes.

Hingegen können ältere Kinder besser mit dieser Situation umgehen. Sie haben ein gefestigtes schulisches Umfeld mit einem Freundeskreis und können diesen im Falle des Wechselmodells behalten.

 

TIPP:

Das Wechselmodell ist ein zunehmend beliebtes Betreuungsmodell, welches jedoch mit einigen Schwierigkeiten im Bereich des Unterhalts und der Absprachen verbunden sein kann. Suchen Sie daher einen Experten für Familienrecht auf, um sich zum einen in ihrer individuellen Situation über Vor- und Nachteile des Wechselmodells beraten zu lassen und zum anderen um etwaige Unterhaltsansprüche bzw. -pflichten individuell überprüfen und ausrechnen zu lassen.

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