Das Wohl des Kindes ist ein hohes Gut. Im folgenden Artikel möchten wir Ihnen grundlegende Antworten dazu geben, wann eine Kindeswohlgefährdung vorliegt und welche Maßnahmen dann getroffen werden können.
Was versteht man eigentlich unter Kindeswohl und Kindeswohlgefährdung?
Um zu verstehen, wann eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, ist zunächst die Klärung des Begriffes Kindeswohl sinnvoll. Der Begriff ist an sich schwer zu definieren. Dennoch nennt der Gesetzgeber mehrere Kriterien, die herangezogen werden können. Da wären zum einen das körperliche, das seelische und das geistige Wohl genannt, zum anderen die Erziehung. Schließlich befindet sich das Kind in der Entwicklung seiner Persönlichkeit und es genießt den gesamten Schutz, sich so zu entwickeln, dass es sich in der Gesellschaft richtig verhalten kann.
Doch wann ist das Kindeswohl gefährdet? Laut § 1666 BGB greift das Familiengericht dann ein, wenn eine Gefahr des Kindeswohles abzuwenden ist und die Eltern entweder nicht in der Lage oder nicht gewillt sind, dieses selbst zu tun.
Dieser Paragraph regelt, wann der Staat zur Sicherung des Kindeswohls einschreiten und somit die elterliche Sorge beschneiden darf. Notwendig erscheint dies, wenn eine gegenwärtige oder unmittelbare bevorstehende Gefahr für das Kindeswohl zu erkennen ist, die, wenn sie nicht abgewendet wird, eine erhebliche Schädigung des körperlichen, seelischen oder geistigen Wohls des Kindes mit großer Sicherheit nach sich zieht. Da diese Erklärung für Kindeswohlgefährdung allgemein gehalten ist, dienen folgende Beispiele als Konkretisierungshilfen für die Ursachen einer Kindeswohlgefährdung.
1. Körper- oder Gesundheitsverletzungen
Jegliche Straftaten, die einem Kind angetan werden, gelten als Gefährdungen des Kindeswohls. Beispiele hier sind erhebliche körperliche Misshandlungen, seelische Misshandlungen, Tötungsversuche oder massive körperliche Auseinandersetzungen zwischen den Eltern. Auch bei sexuellem Missbrauch ist eine Kindeswohlgefährdung anzunehmen. Selbst ein Verdacht kann hierbei genügen, wenn er durch konkrete Anhaltspunkte begründet ist.
2. Ärztliche Behandlungen
Auch die Verweigerung der Eltern zur Durchführung einer erforderlichen Operation oder Behandlung stellt eine erhebliche Gefährdung des Kindeswohls dar. In bestimmten Fällen, z.B. wenn das Kind an Asthma leidet, kann auch das Rauchen der Eltern eine Kindeswohlgefährdung darstellen.
3. Erziehungsfehler und Erziehungsdefizite der Eltern
Beispiele für elterliche Erziehungsfehler können sowohl wiederholte unkontrollierte Wutausbrüche als auch eine Verweigerung des Umgangs mit dem anderen Elternteil sein. Auch eine überfürsorgliche Erziehung kann das Wohl des Kindes gefährden.
Als Erziehungsdefizite werden psychische oder schwere körperliche Erkrankungen der Eltern angesehen, die das Kindeswohl gefährden können. Auch die Unfähigkeit der Eltern, auf die Bedürfnisse des Kindes einzugehen oder deren Drogen- oder Alkoholsucht können als kindeswohlgefährdende Erziehungsdefizite angesehen werden.
Es kommt immer wieder vor, dass Eltern sich heftig zerstreiten. Dies alleine ist jedoch kein Grund zum Eingreifen des Familiengerichts. Sollte es hingegen zu weitreichenden Zerwürfnissen hinsichtlich der kindlichen Belange kommen, kann sehr wohl eine Kindeswohlgefährdung entstehen.
4. Fehler der Eltern bezüglich der schulischen Laufbahn oder Ausbildung des Kindes
Es liegt dann eine kindeswohlgefährdende Situation vor, wenn die Eltern sich weigern, die Ausbildung des Kindes zu finanzieren oder das schulpflichtige Kind für die Schule anzumelden. Auch eine Abmeldung des Kindes über seinen Kopf hinweg und die Anmeldung an einer anderen Schule gegen seinen Willen (z.B. an einem Internat) stellt eine kindeswohlgefährdende Situation dar.
5. Vernachlässigung des Kindes
Von einer Vernachlässigung des Kindes, welche das Kindeswohl gefährdet, ist auszugehen, wenn die Eltern sich hinsichtlich seiner Versorgung grob passiv verhalten, die Betreuung bzw. Beaufsichtigung vernachlässigen oder eine Verwahrlosung des Kindes droht. Beispiele hierfür sind z.B. mangelhafte Ernährung des Kindes oder erhebliche Hygienemängel.
Welche Maßnahmen können bei einer Kindeswohlgefährdung ergriffen werden?
Grundsätzlich ist die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen zu beachten. So muss es sich um eine geeignete Maßnahme handeln, durch die die Gefahr für das Kind verhindert werden kann. Der Staat sollte daher zunächst durch helfende Maßnahmen und Unterstützung bzw. durch die Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der Eltern sein Ziel, nämlich die Wahrung bzw. Wiederherstellung des Kindeswohls erreichen. § 1666a Abs. 1 Satz 1 BGB regelt diese Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen. So wird hier definiert, dass Maßnahmen, die eine Trennung des Kindes von den Eltern nach sich ziehen würden, nur dann angewendet werden dürfen, wenn die Gefahr für das Kind nicht auf andere Art abgewendet werden kann (z.B. durch öffentliche Hilfen).
TIPP: Eine anwaltliche Beratung und Vertretung durch unseren Familienrechtsexperten ist äußerst ratsam, wenn sie eine Kindewohlgefährdung vermuten oder selbst von familiengerichtlichen Maßnahmen zur Abwendung des Kindeswohls betroffen sind.
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