Familienrecht

Themen

Alles was Sie wissen müssen zum Thema „internationale Kindesentführungen“

Mein Kind ist von meinem Partner ins Ausland verbracht worden. Wie gehe ich dagegen vor?

 

Juristisch schwierig und für die Betroffenen sehr belastend ist das Thema internationale Kindesentführungen und Kindesrückführungen. Wir möchten Ihnen daher im Folgenden die wichtigsten Informationen zu diesem Themengebiet geben und Ihnen Ihre Handlungsmöglichkeiten aufzeigen.

 

Was versteht man unter einer internationalen Kindesentführung?

Grundsätzlich spricht man von einer internationalen Kindesentführung., wenn Kinder ohne vorherige Absprache und entsprechende Sorgerechtsregelung aus dem Land, in dem sich ihr Wohnsitz befindet, entführt werden und / oder in einem fremden Land festgehalten werden. Gerade für solche Fälle gibt es internationale Übereinkommen, die für internationale Sorgerechts- oder Kinderkonflikte Lösungen vorsehen. Da die Bundesrepublik Deutschland als Vertragsstaat mehrere internationale Übereinkommen abgeschlossen hat, gibt es hier grundsätzliche Regelungen, nach denen Behörden und Gerichte vorgehen. Zu nennen sei hier unter anderem das Haager Kindesentführungsübereinkommen.

Grundsätzlich muss man zwischen Kindesentführungen aus dem Ausland nach Deutschland und von Deutschland ins Ausland unterscheiden.

 

Welche Möglichkeiten bestehen bei einer Kindesentführung von Deutschland ins Ausland?

Viel häufiger als eine Kindesentführung vom Ausland nach Deutschland ist der Fall, dass ein Kind von Deutschland ins Ausland entführt wird. In diesem Fall gibt es Vorgehensweisen, welche in verschiedenen Übereinkommen geregelt sind. Die wichtigsten Übereinkommen möchten wir im Folgenden skizzieren.

1. Das Haager Kindesentführungsübereinkommen

Dieses Übereinkommen wurde von zur Zeit 89 Vertragsstaaten unterzeichnet, u.a. von Deutschland, Japan, Mexiko und Russland. Ziel und Zweck des Übereinkommens ist es, das Kind möglichst schnell in den Staat des bisherigen Wohnsitzes zurückzubringen bzw. Reize zu nehmen, die es überhaupt zu einer Kindesentführung kommen lassen. Grundsätzlich entscheiden zuständige deutsche Gerichte über den Verbleibeort des Kindes in Deutschland. Es muss daher möglichst schnell ein Antrag beim Bundesamt für Justiz für die Rückführung des Kindes gestellt werden. Nach Prüfung der Mindestvoraussetzungen übermittelt das Bundesministerium den Antrag an die zuständige Behörde des betroffenen Vertragsstaates. Diese wiederum wird unverzüglich den Aufenthaltsort des Kindes ausfindig machen. Sodann kann eine freiwillige Rückgabe des Kindes bzw. eine gütliche Regelung des Falles erwirkt werden und ein gerichtliches oder behördliches Rückführungsverfahren eingeleitet werden. Der genaue Verfahrensablauf orientiert sich zwar an den Gesetzen und Bestimmungen des Vertragsstaates. Dennoch sollen die Rückführungsverfahren beschleunigt durchgeführt werden. Man sieht dabei eine Dauer von maximal sechs Wochen pro Instanz vor. Zu einer Ablehnung des Rückführungsersuches kann es dann kommen, wenn die Gerichte oder Behörden des Vertragsstaates eine seelische oder körperliche Bedrohung des Kindes durch die Rückführung befürchten oder der Elternteil, dem das Kind entführt wurde, zum Entführungszeitpunkt kein Sorgerecht bzw. kein Mitsorgerecht hatte. Ablehnungen sind jedoch eher außergewöhnlich.

 

2. Die Brüssel II a-Verordnung

Diese Verordnung ergänzt seit 2005 das Haager Übereinkommen und steigert dadurch dessen Wirksamkeit. Sie regelt einheitlich in der EU, in welchem Staat das Gerichtsverfahren für grenzüberschreitende Ehe-und Sorgerechtskonflikte statt findet und sorgt für die Einschränkung der Möglichkeit einer Rückführungsverweigerung. Zudem wird das Recht des Kindes und des Elternteils, der die Rückführung beantragt hat, durch eine Anhörung während des Verfahrens wesentlich gestärkt. Dies sind nur zwei von mehreren Vorteilen, die die Vollstreckung von Sorge- und Umgangsrechtentscheidungen durch diese Verordnung in einem anderen EU-Mitgliedsstaat wesentlich erleichtern.

 

3. Das Haager Kinderschutzübereinkommen

Das Haager Kindesentführungsübereinkommen wurde im Jahr 2011 des Weiteren durch das Haager Kinderschutzübereinkommen verstärkt. Sein Hauptziel ist es, die Entscheidung, welche in einem anderen Vertragsstaat ergangen ist, in dem jeweiligen Vertragsstaat anzuerkennen und letztendlich zu vollstrecken.

 

Was ist in den Fällen, in denen es keine internationalen Verträge zwischen den Staaten gibt?

Gerade, dann wenn keine internationale Abkommen zwischen Deutschland und dem anderen Staat existieren, wird es schwierig, die Interessen des antragsstellenden Elternteils durchzusetzen. In diesen Fällen ist die einzige Möglichkeit, die Behörden und Gerichte des entsprechenden Staates um Hilfe zu bitten, indem man Kontakt zu ortsansässigen Anwälten und Organisationen sucht, welche die Elterninteressen im Ausland vor den jeweiligen Institutionen vertreten.

 

Welche Möglichkeiten bestehen, wenn ein Kind vom Ausland nach Deutschland entführt wurde?

Auch wenn es sehr selten vorkommt, gibt es den umgekehrten Fall, bei dem ein Kind vom Ausland nach Deutschland entführt wird. Dabei gelten dem Grundsatz nach die zuvor beschriebenen Handlungsmöglichkeiten in ähnlicher Weise. Erster Schritt ist dabei, dass der Elternteil, dem das Kind entführt wurde, sich an die dortige zentrale Behörde wendet und bzw. oder Kontakt zu einem deutschen Anwalt oder der zuständigen deutschen Behörde aufnimmt.

 

Welche Handlungsmöglichkeiten habe ich bei grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikten?

Neben der Kindesentführung gibt es auch immer wieder den Fall, dass ein im Ausland lebender Elternteil den Umgang mit dem gemeinsamen Kind verweigert. Auch hier muss zunächst unterschieden werden, ob das Umgangsrecht im Ausland oder in Deutschland durchgesetzt werden muss.

1. Ich möchte als ein in Deutschland lebender Elternteil mein Umgangsrecht im Ausland durchsetzen:

Auch in diesem Fall bieten die oben genannten Übereinkommen Regelungen. So sieht das Haager Kindesentührungsübereinkommen ähnliche Handlungsweisen vor wie bei Entführungsfällen. So wird zunächst ein Antrag beim Bundesamt für Justiz gestellt. Leider ist die Zusammenarbeit mit den entsprechenden ausländischen Behörden und Gerichte in Sorgerechts- und Umgangsrechtsangelegenheiten schwieriger, da viele Länder ihre Hilfe auf Kindesentführungsfälle reduzieren. Zudem lässt sich die Rechtsgrundlage für die Vollstreckbarkeit nicht aus dem Kindesentführungsübereinkommen herleiten, sondern aus der Brüssel II a-Verordnung, dem Haager Kinderschutzübereinkommen und dem Europäischen Sorgrechtsübereinkommen. An dieser Stelle sei beispielhaft das Vorgehen nach der Brüssel II a-Verordnung genannt. So bedarf es nach diesem Übereinkommen keiner Vollstreckbarkeitserklärung, so dass keine Anfechtung der Anerkennung möglich ist, wenn das Gericht im Ursprungsstaat eine Bescheinigung ausgestellt hat. Damit ist die Entscheidung im Ausland wie eine inländische zu behandeln und daher unter den gleichen inländischen Voraussetzungen vollstreckbar. Sollte es keine Bescheinigung geben, bedarf es jedoch immer einer rechtlichen Unterstützung durch einen ortsansässigen Anwalt.

 

2. Ich lebe im Ausland und möchte mein Umgangsrecht in Deutschland durchsetzen:

Der Elternteil, der das Umgangsrecht in Deutschland erwirken möchte, kann sich an die zentrale Behörde im Ausland oder das Bundesamt für Justiz als zentrale Behörde in Deutschland wenden. Das weitere Vorgehen hängt davon ab, ob eine gerichtliche Umgangsentscheidung in Deutschland oder im Ausland getroffen wurde. Gibt es noch keine gerichtliche Umgangsregelung und lebt das Kind in Deutschland sind die deutschen Gerichte normalerweise zuständig. Unter Zuhilfenahme des Bundesamtes für Justiz kann der ausländische Elternteil ein Umgangsverfahren beantragen, welches dann von einem der 22 spezialisierten deutschen Familiengerichte übernommen wird. Liegt jedoch eine ausländische Umgangsregelung vor, kann diese nach zuvor genannten Übereinkommen anerkannt und notfalls vollstreckt werden. Auch hier wirkt das Bundesamt für Justiz unterstützend und kann ein Anerkennungs- und Vollstreckbarkeitserklärungsverfahren vor einem deutschen Gericht einleiten. Andernfalls muss der im Ausland lebende Elternteil Kontakt zu einem deutschen Anwalt suchen und das Verfahren selbst forcieren.

 

Welche Regelungen gelten für grenzüberschreitende Sorgerechts- und Umgangsentscheidungen?

Grundsätzlich sind Sorgerechts- und Umgangsentscheidungen aus einem EU-Mitgliedsstaat kraft Gesetz in allen EU-Staaten (außer in Dänemark) anerkannt. Gleiches gilt für alle Vertragsstaaten des Kinderschutzübereinkommens. Hierbei prüft jedoch jede Behörde, ob im Einzelfall die Anerkennung verweigert werden kann bzw. muss. Ratsam ist daher eine gerichtlich bindende Feststellung der Anerkennung von Sorgerechts- und Umgangsentscheidungen. Ein solches Anerkennungsverfahren spielt insbesondere immer wieder in Sorgerechtskonflikten, an dem einem türkischer Elternteil beteiligt ist, eine besondere Rolle.

 

TIPP:

Sollten Sie selber als ein in Deutschland lebender Elternteil von einem grenzüberschreitenden Umgangs- und Sorgerechtskonflikt oder gar einer Kindesentführung betroffen sein, scheuen Sie nicht die zügige Kontaktaufnahme zu uns, damit wir zeitnah eine individuelle Lösung besprechen und angehen können. Schließlich spielt gerade in solchen Bereichen die Zeit gegen sie. Aber auch wenn Sie im Ausland leben sollten und ein Umgangsrecht in Deutschland erwirken wollen, beraten wir Sie gerne und vertreten als ortsansässige Kanzlei Ihre Interessen vor den deutschen Behörden und Gerichten. 

Vereinbaren Sie jetzt einen Termin

Sie wollen mehr erfahren, sich kompetent beraten lassen oder direkt einen Termin vereinbaren? Dann nehmen Sie Kontakt mit uns auf, über das Online-Formular oder per Telefon:

+49 221 - 801 10 30-0

Wir freuen uns auf Sie!

Jetzt Kontakt aufnehmen