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Alles was Sie wissen müssen zum Thema „Sorgerecht und Auslandsreise mit Kind“

Die Auslandsreise mit Kind bei gemeinsamen Sorgerecht – Zustimmungspflichtig oder nicht?

 

In Zeiten der weltweiten Terrorgefahr mehren sich die Bedenken vor Reisen in vermeintlich gefährliches Länder. Daher stellt sich bei gemeinsamen Sorgerecht die Frage der Zustimmung zu einer solchen Reise. Wir möchten Ihnen daher einen Überblick über relevante Aspekte zum Thema Auslandsreise und Sorgerecht geben.

Ist eine Urlaubsreise generell eine zustimmungspflichtige Entscheidung?

Grundsätzlich müssen bei gemeinsamen Sorgerecht getrenntlebender Eltern bei wichtigen Entscheidungen bezüglich des Kindes beide Elternteile übereinstimmen. Das gilt jedoch nicht für Entscheidungen des täglichen Lebens. In der Rechtsprechung ist umstritten, ob ein Urlaub eine wichtige Entscheidung gemäß § 1687 BGB darstellt. Daher gilt hier meist die Entscheidung nach dem Einzelfall. Generell richtet sich diese Entscheidung nach Kriterien wie dem Reiseziel, dem Alter und der Gesundheit des Kindes sowie die familiären Urlaubsgewohnheiten. Die Gerichte betrachten daher Reisen in Heimatländer bzw. in unkritische Reiseländer zunächst einmal als keine Entscheidungen von erheblicher Bedeutung, so dass hier der andere Sorgeberechtigte nicht zustimmen muss.

Das wichtigste Kriterium für die Bewertung der Entscheidung stellt das Kindeswohl dar. Dieses darf bei der Urlaubsreise keinen besonderen Gefahren ausgesetzt sein. Auch hier gilt jedoch die Einzelfallprüfung. Derzeit stellen beispielsweise Reisen in die Türkei mit minderjährigen Kindern eine mögliche Gefahr für das Kindeswohl dar und sind mitunter zustimmungspflichtig. Aber auch hier gibt es Ausnahmen. Wir schildern Ihnen daher anhand eines Beispiels die derzeitige Rechtsprechung hinsichtlich der Zustimmungspflicht bei Auslandsreisen mit Kind.

Der Badeurlaub in der Türkei – zustimmungspflichtig oder nicht?

Anfang des Jahres 2016 plante eine von ihrem Ehemann geschiedene Ehefrau mit dem gemeinsamen 8-jährigen Sohn einen Badeurlaub nach Antalya (Türkei). Beide Eltern haben das gemeinsame Sorgerecht. 

Auf Grund der damals schwierigen politischen Verhältnisse in der Türkei und der damit verbundenen Gewalteskalation verweigerte der Vater im Mai 2016 seine Zustimmung. Die Mutter erwirkte zunächst im Juli 2016 beim Familiengericht eine einstweilige Anordnung, mit der sie befugt wurde, alleine über die Türkeireise zu entscheiden. Zuvor hatte da Familiengericht den Sohn angehört, der sich sehr auf den Urlaub zusammen mit befreundeten Familien freute. Das Familiengericht schätzte daraufhin ein, dass der Urlaub dem Wohl des Kindes dienlich und die Enttäuschung über eine Absage erheblich sei. Zudem stelle der Ausfall der Reise erhebliche finanzielle Schwierigkeiten dar, zu denen der Vater auch keinen Beitrag leisten wolle.

Daraufhin legte der Vater jedoch Einspruch ein und ging in die zweite Instanz an das OLG, welches auf § 1687 Abs. 1 Satz 2 BGB verwies und dem Einspruch des Vaters stattgab. Es begründete seine Entscheidung, dass ein Urlaub sich zwar um eine Angelegenheit des täglichen Lebens handele und somit nicht zustimmungspflichtig sei, es sich jedoch bei einer Reise in die Türkei derzeit um eine Reise in ein Risikoland handelte, welche daher eine erhebliche und damit zustimmungspflichtige Entscheidung für das Kind handele.

Der Senat des OLG begründete sein Urteil damit, dass es mehrfach in der Türkei zu terroristischen Anschlägen gekommen sei, insbesondere auch in der Region um Antalya bzw. anderen Touristenregionen. Diese Bedrohungslage rechtfertige die Entscheidung, dass es sich bei dieser Urlaubsreise um eine zustimmungspflichtige Entscheidung handele. Zwar lägen keine Reisewarnungen des Auswärtigen Amtes vor, dennoch sei die Gefahr und die damit verbundene Sorge des Vaters ernst zu nehmen. 

Das Gericht stellte damit die Sorge des Vaters über die Enttäuschung des Kindes hinsichtlich einer Absage des Urlaubs. Die Verweigerungshaltung des Vaters wurde von dem Gericht ernst genommen und nicht als Schikane bewertet (siehe OLG Frankfurt, Urteil v. 21.7.2016, 5 UF 206/16).

Welche Urlaubsreisen gelten als zustimmungspflichtig?

Generell lässt sich diese Frage nicht beantworten, wie der vorher geschilderte Fall zeigt. Dennoch lässt sich sagen, dass als ähnlich „gefährliche“ Urlaubsländer derzeit auch Thailand oder Ägypten betrachtet werden können. Jedoch können ebenfalls Urlaubsreisen in weniger gefährliche Urlaubsländer beispielsweise auch zum Besuch von Verwandten im weiter entfernten Ausland seitens der Gerichte abgelehnt werden, wenn die Reisen an sich hinsichtlich der damit verbundenen Strapazen und des Alter des Kindes eine Gefährdung des Kindeswohls darstellen (OLG Köln, Beschluss v. 22.11. 2011, II-4 UF 232/11).

 

TIPP:

Wie Sie sehen, ist die Planung von Urlaubsreisen bei getrenntlebenden Eltern mit gemeinsamen Sorgerecht stets gut und frühzeitig unter den Sorgeberechtigten zu kommunizieren. Sollte es zu Widerständen kommen, gilt es den Einzelfall genau darzulegen und zu erörtern, da die Gerichte hier keine allgemeine Rechtsprechung haben. Lassen Sie sich von unserem Experten frühzeitig beraten, um Enttäuschungen zu vermeiden.

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